Von Georg Wässa   12. Februar 2020

Unternehmensnachfolge 2020 – ein Ausblick

Jedes Jahr veröffentlicht der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) einen Report zum Thema Unternehmensnachfolge. Im Dezember erschien der Jahresbericht 2019 mit Daten und Fakten zum abgelaufenen Jahr und den Herausforderungen für 2020. Wir haben die wichtigsten Punkte zusammengefasst, geben einen Ausblick für das neue Jahr und zeigen aktuelle Chancen beziehungsweise Risiken der Unternehmensnachfolge.

Rückblick 2019

Der schon in den vergangenen Jahren kontinuierlich steigende Bedarf für Nachfolgeberatung hat sich auch 2019 fortgesetzt. Getragen durch die einerseits starke Konjunktur (hierdurch weniger Insolvenzen und zugleich weniger Nachfolgewillige aufgrund des guten Arbeitsmarkts) sowie den sich zunehmend verstärkenden demographischen Wandel, ist die Unternehmensnachfolge weiterhin ein relevantes Thema für mittelständische Unternehmen. Wird berücksichtigt, dass 99% aller Betriebe und 60% aller Arbeitsplätze bundesweit auf Unternehmen mit weniger als 500 Mitarbeitern entfallen, lässt sich die enorme volkswirtschaftliche Bedeutung der Thematik erkennen.

Während Industriebetriebe und Dienstleistungsbetriebe in Ballungsgebieten relativ geringe Probleme haben, einen Nachfolger zu finden, sieht es besonders bei kleineren ländlichen Handwerks- und Handelsbetrieben sowie generell im Osten der Republik schwieriger aus. Gerade in den ostdeutschen Bundesländern kommt 30 Jahre nach der Wiedervereinigung nun schlagartig ein Überangebot an Unternehmen auf den Markt, die in der Nachwendephase von Unternehmerinnen und Unternehmern zwischen 30 und 40 Jahren in großer Zahl gegründet wurden. Gleichzeitig fehlen im Osten deutlich mehr Nachfolgekandidaten als im Westen und diesen wiederrum häufig das notwendige Kapital. Daher ist es gerade im Osten und in den strukturschwachen Westregionen empfehlenswert, die Nachfolge frühzeitig und mit der notwendigen Geduld zu planen.

Ungelöste Problemfelder und neue Herausforderungen der Unternehmensnachfolge

Weiterhin schwierig gestalten sich Übernahmefinanzierungen durch klassische Bankdarlehen. Gerade Betriebe aus Handel, Handwerk und den Dienstleistungsbranchen verfügen in der Regel über wenig Vermögenswerte oder im Falle von Handelsunternehmen nur über Vorratsvermögen, welches nicht als Sicherheit dienen kann. Hieraus ergeben sich enorme Unterdeckungen von Krediten in Bezug auf die Beleihung mit Sicherheiten, die nur durch Haftungsfreistellungen von Bürgschaftsbanken und höheren Eigenmitteln kompensiert werden können.

So wird für die Gewährung eines klassischen Bankdarlehens in der Regel ein Eigenkapitalanteil am Gesamtvolumen zwischen 20 und 30 % erwartet (im Vergleich bei Wohnimmobilien ca. 10%). Doch auch ein kleineres Unternehmen kann schnell über 1 Mio. EUR wert sein, wodurch sich ein Eigenkapitalbedarf in Höhe von bis zu 300.000 EUR ergibt. Gerade für engagierte Jungunternehmer, die an einer Nachfolge interessiert sind, ist es fast unmöglich diese Summen aufzubringen. Für größere kapitalstarke Unternehmen oder professionelle Investoren sind hingegen Unternehmen in der Größenordnung bis ca. 5 Mio. EUR Transaktionsvolumen eher uninteressant. Daher ist die Finanzierung von Nachfolgeprojekten im Bereich bis 5 Mio. EUR immer eine große Herausforderung. Die sehr kurzen Tilgungszeiten (in der Regel fünf bis sieben Jahre) tun ihr übriges.

Glücklicherweise wurden in den vergangenen Jahren neue Modelle für Nachfolgeinteressierte eingeführt, um diese Finanzierungslücke zu schließen. So spielen mittelständische Beteiligungsgesellschaften oder kleinere Private Equity Anbieter eine immer größere Rolle.

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Chancen für 2020

Für das Jahr 2020 darf man erwarten, dass die im Rückblick genannten Gründe weiter anhalten und sich tendenziell eher verstärken, anstatt abschwächen. Für den Unternehmer mit Nachfolgebedarf ergibt sich dadurch die Notwendigkeit der ruhigen und vorausschauenden Planung. Bei einem grundsätzlich vorhandenen Überangebot an Betrieben, sollten daher nachhaltige und zukunftsorientierte Investitionen zum Ende der eigenen Unternehmerkarriere nicht verringert, sondern verstärkt werden. Betriebe mit veralteter EDV, einer seit Jahren nicht mehr aktualisierten Webseite und einem eingestaubten Maschinenpark sind für einen Nachfolger beispielsweise weniger attraktiv. So selbstverständlich wie es beim Autoverkauf ist, dass man das Fahrzeug frisch gewaschen und poliert einem Käufer anbietet, sollte auch das Unternehmen den Eindruck vermitteln, dass es für Zukunft gut gewappnet ist.

Neben Investitionen in Sachanlagen sind auch Prozessoptimierungen und die Dokumentation von Betriebsabläufen entscheidungsrelevant für Nachfolger. Aus diesen Gründen beginnt die Vorbereitung des Übergabeprozesses schon deutlich vor der letztlichen Suche nach einem geeigneten Nachfolger.

Obwohl die Finanzierungsproblematik weiterhin anhält, ist ein verstärktes Problembewusstsein bei Banken und Fördermittelgeber zu erkennen. Zwar ist nicht davon auszugehen, dass sich die (auch von der politischen Regulatorik so mittelbar vorgegebenen) Notwendigkeiten in Bezug auf das Eigenkapital ändern, doch bauen Banken verstärkt spezialisierte Teams und Abteilungen für das Thema Gründung und Nachfolge auf. Dort bündeln Kreditinstitute die entsprechenden Kompetenzen und verschlanken und beschleunigen den Finanzierungsprozess und fördern so auch dessen Erfolgschance. Die Übernahmefinanzierung ist im Bankalltag immer noch ein Randthema und im Tagesgeschäft nicht so präsent wie die klassische Baufinanzierung. Die Bildung von Kompetenzzentren verspricht jedoch eine deutliche Verbesserung der Lage in Bezug auf die gesamte Abwicklung.

Ebenso professionalisiert sich der Markt für Unternehmensnachfolge im kleinen und mittleren Segment. Viele Jungunternehmer mit fundierter Berufserfahrung und hohen Kompetenzen in Betriebswirtschaft und Digitalisierung betrachten die Übernahme eines Betriebs der „Old Economy“ als Alternative zum klassischen Karriereweg oder der Gründung eines Start-Ups. Es ist zu erwarten, dass sich dieser Trend in Zukunft verstärken wird, da gerade im kleinen und mittleren Nachfolgesegment attraktive Investitionsmöglichkeiten vorhanden sind.

Zu guter Letzt birgt der Markt ein großes Potential an Übernahmekandidatinnen, denn weniger als 20% der Nachfolgeinteressierten sind derzeit Frauen. Die Gründe hierfür sind vielfältig und nicht einfach zu analysieren. Klar ist jedoch, dass mit der Hebung dieses Potentials an Nachfolgerinnen ein großer Schritt hin zu mehr erfolgreichen Unternehmensnachfolgen gemacht werden kann.

Fazit Unternehmensnachfolge 2020

Auch 2020 wird wieder ein spannendes Jahr für die Nachfolge im Mittelstand. Zunehmende Herausforderungen treffen auf einen immer moderneren Markt und neue Möglichkeiten. Neben den bereits angesprochenen Marktentwicklung hat sich auch die Angebotslandschaft deutlich weiterentwickelt und neue Börsen und Vermittlungsportale sind entstanden. Unternehmern mit Nachfolgebedarf bieten sich immer mehr Möglichkeiten, einen Käufer für ihr Unternehmen zu finden. Der richtige Berater führt durch dieses Dickicht an Leistungen und Angeboten und erarbeitet mit dem Unternehmer die zum Betrieb passende Verkaufsstrategie.

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  • Über den Autor

    Georg Wässa

    Georg Wässa hat über zehn Jahre Erfahrung in den Bereichen M&A, Banking und Immobilienwirtschaft. Seine berufliche Laufbahn führte ihn neben der Tätigkeit bei Banken und Fondsgesellschaften unter anderem auch nach Zürich zum Schweizer Marktführer für Unternehmensnachfolge im Mittelstand.

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