Von Georg Wässa   24. Juli 2019

Die rechtliche Stellung des Geschäftsführers beim Unternehmensverkauf

Steht ein Unternehmensverkauf unmittelbar bevor, so ist eines der Themenfelder bei den Vertragsverhandlungen häufig auch das Personal des zu verkaufenden Betriebs. In manchen Fällen liegt bei der Transaktion der Fokus sogar in weiten Teilen auf dem Übergang der Belegschaft, da bestehendes Know-how und fachliche Kompetenz zentrale Unternehmenswerte sind, die in der Regel nicht leicht ersetzt werden können. Während die Rechtslage bei regulären Angestellten eindeutig ist, sollte die Bedeutung und Sonderstellung des Geschäftsführers, egal ob dieser Gesellschafter ist oder nicht, genauer betrachtet werden.

Der Betriebsübergang der Mitarbeiter nach § 613a BGB

Der Übergang der Angestellten eines Unternehmens richtet sich beim Verkauf im Rahmen eines Asset Deals zunächst nach den Maßgaben des § 613a des Bürgerlichen Gesetzbuches. Maßgeblich ist insbesondere, dass alle Mitarbeiter beim Verkauf ihres Unternehmens von dem Käufer übernommen werden müssen. Dies beinhaltet auch alle vertraglichen Vereinbarungen in den Anstellungsverträgen, wie beispielsweise Pensions- oder andere besondere Sicherungszusagen. Insbesondere darf den Mitarbeitern unmittelbar vor und nach dem Unternehmensverkauf und Betriebsübergang nicht gekündigt werden. Jeder einzelne Mitarbeiter hat jedoch das Recht, dem Übergang seines Arbeitsvertrages auf den Käufer binnen einer bestimmten Frist zu widersprechen.

Die rechtliche Sonderstellung des Geschäftsführers

Während die rechtliche Situation für übergehende Angestellte beim Unternehmensverkauf unmissverständlich ist, so hat sich der Gesetzgeber für den Geschäftsführer eines Unternehmens in dieser Situation einige Besonderheiten vorbehalten, die es jedoch in gleichem Maße zu beachten gilt, um Überraschungen bei den Vertragsverhandlungen zu vermeiden.

Insbesondere ist dies relevant für diejenigen Fälle, in denen das zu verkaufende Unternehmen von einem Fremdgeschäftsführer geleitet wird. Denn ist der bisherige Inhaber des zu verkaufenden Unternehmens auch gleichzeitig dessen Geschäftsführer, so verlässt dieser nicht selten nach einer Übergangszeit das Unternehmen oder wechselt in eine andere Position. Der Fremdgeschäftsführer, also ein von der Gesellschafterversammlung eingesetzter Geschäftsführer, der aber selbst kein Gesellschafter des Unternehmens ist, kann jedoch andere Interessen haben, wenn es um seinen Arbeitsplatz geht. Geht er beim Verkauf des Unternehmens genauso auf den Käufer über wie seine Angestellten?

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Die Abwicklung des Unternehmensverkaufs: Share oder Asset Deal

Bevor diese Frage beantwortet werden kann, müssen zunächst die Formalien und konkreten Umstände des Unternehmensverkaufs genau betrachtet werden. Hierbei ist es entscheidend, wie der Unternehmensverkauf gestaltet und abgewickelt werden soll. Zu unterscheiden ist zwischen dem sogenannten Share Deal und dem Asset Deal. Bei dem Share Deal werden die Anteile an dem Unternehmen und somit das Unternehmen „als Ganzes“ verkauft. An dem Unternehmen selbst, also dem Namen, der Rechtsform und seinen markttypischen Spezifikationen ändert sich nichts, nur der Inhaber der Anteile wechselt. Gänzlich anders verhält es sich beim Asset Deal. In diesem Fall werden lediglich einzelne Wirtschaftsgüter, wie beispielsweise die Betriebsausstattung, das Personal oder das Betriebsvermögen des Unternehmens veräußert. Die Gesellschaft an sich, also als im Handelsregister geführtes Unternehmen in seiner ursprünglichen Rechtsform bleibt unverändert bestehen.

Ausführliches zu den Verkaufsformen Share und Asset Deal können Sie hier nachlesen.

Die Konsequenzen bei der Abwicklung des Unternehmensverkaufs als Share Deal sind für den Geschäftsführer des zu verkaufenden Unternehmens ebenso wie für alle anderen Angestellten. Es bleibt bei den bestehenden Anstellungsverhältnissen, auch Form und Inhalt der Arbeitsverhältnisse bleiben unverändert bestehen, da sich nur die „äußerlichen“ Umstände des Unternehmens ändern, nicht aber dessen „Innenleben“.

Wird das Unternehmen als Asset Deal veräußert, ergeben sich jedoch erhebliche Änderungen. Dann entsteht für die Angestellten des Unternehmens die Situation, für die der § 613a BGB mit seinen Vorgaben und Folgen Regelungen vorsieht. Zur Veranschaulichung der Situation für den Geschäftsführer ist davon auszugehen, dass es sich bei dem zu verkaufenden Unternehmen um eine GmbH handelt. Für die meisten Rechtsformen gilt dies jedoch in gleicher Weise. Für den Geschäftsführer ist die Situation dann eine andere als für die Angestellten. Denn gemäß § 35 GmbHG ist der bestellte Geschäftsführer einer GmbH kein Angestellter des Unternehmens, sondern dessen Organ. Der Geschäftsführer sowie eine Gesellschafterversammlung sind für eine GmbH gesetzlich vorgeschrieben und der Geschäftsführer hat laut deutschem Recht die Geschäftsführungsbefugnis und die Vertretungsmacht inne. Durch die Geschäftsbefugnis kann der Geschäftsführer innerhalb der GmbH Entscheidungen treffen und den Mitarbeitern Anweisungen geben. Sie ist quasi die Voraussetzung dafür, dass ein Geschäftsführer seinen Tätigkeiten erfüllen kann.

Die Vertretungsmacht gibt dem Geschäftsführer die Befugnis, die Gesellschaft in allen Bereichen nach außen hin zu vertreten. Die Gesellschafterversammlung kann sich hierbei nur in Bereiche einmischen, die intern in der Gesellschaft ablaufen, das bedeutet, dass der Geschäftsführer beispielsweise vor einigen Entscheidungen auch die Zustimmung der Gesellschafterversammlung braucht. Der Geschäftsführer steht deshalb in einem Dienstverhältnis mit der Gesellschaft, nicht wie die Angestellten in einem Arbeitsverhältnis. Hieraus ergibt sich folglich, dass beim Betriebsübergang der § 613a BGB nicht für den Geschäftsführer einschlägig sein kann.

Der Anstellungsvertrag eines GmbH-Geschäftsführers geht beim Asset Deal nach § 613a BGB nicht auf einen Betriebserwerber über. Denn § 613a BGB erfasst nur Arbeitsverhältnisse, nicht Dienstverhältnisse eines Organmitglieds. Dies wurde höchstrichterlich vom Bundesarbeitsgericht bestätigt und ist somit seit 2003 geltende Rechtslage (BAG, 13.02.2003 – 8 AZR 654/01).

Gehen die vereinbarten Wirtschaftsgüter (Personal, Namensrechte, Betriebsausstattung und Vermögen) des Betriebs in Form eines Asset Deals auf einen Erwerber über, verbleibt der GmbH-Geschäftsführer dann bei seiner bisherigen Gesellschaft. In der Konsequenz bedeutet dies jedoch, dass der Geschäftsführer dann eine Firma zu leiten hätte, die über keinerlei Möglichkeiten mehr verfügt, ihrem Betrieb nachzugehen. Denn all die dafür notwendigen Voraussetzungen wurden schließlich an den Erwerber verkauft. Somit ist dann auch das vereinbarte Ziel der Berufung des Geschäftsführers, eben die Führung der Geschäfte, für diesen unmöglich, da es keine Geschäfte mehr zu führen gibt. Somit kommt der Unternehmensverkauf als Asset Deal für den Geschäftsführer quasi einer betriebsbedingten Kündigung gleich (nur pro forma, denn eine betriebsbedingte Kündigung hat ihrerseits bestimmte Voraussetzungen, die erfüllt sein müssen).

Der einzige Schutz, den der GmbH-Geschäftsführer dann hat, ist die möglicherweise fest vereinbarte Vertragslaufzeit oder die Dauer der Kündigungsfrist. Diese gelten auch im Falle eines Unternehmensverkaufs unverändert weiter, da die ursprüngliche Gesellschaft, wenn auch durch den Verkauf ihrer Wirtschaftsgüter nicht mehr am Markt tätig, weiterhin besteht. Wollen die Parteien die Anwendbarkeit des § 613a BGB im Geschäftsführeranstellungsvertrag regeln, so gilt dies nur zwischen GmbH-Geschäftsführer und Veräußerer. Der Erwerber kann durch eine solche Regelung nicht verpflichtet werden, da dies ein Vertrag des Geschäftsführers mit seinem bisherigen Vertragspartner zu Lasten eines Dritten (Erwerber) wäre. Bei einer Betriebsveräußerung geht der Geschäftsführer der GmbH also nur dann auf den Erwerber über, wenn ein dreiseitiger Vertrag zwischen Veräußerer und Erwerber und Geschäftsführer geschlossen wird.

Welche Sicherungen bleiben dem Geschäftsführer?

Die Regelungen des § 613a BGB sind zwingend und nicht abdingbar. Dadurch werden auch Abfindungen im Zusammenhang mit § 613a BGB ausgeschlossen, da schließlich eine Kündigung in jeglicher Form gemäß § 613a BGB beim Betriebsübergang ausgeschlossen ist und eine Abfindung mit der Auflösung des Angestelltenverhältnisses einhergeht. Jedoch gilt diese Einschränkung wiederum nur für Arbeitnehmer, nicht Geschäftsführer.

Eine vertraglich vereinbarte Abfindung im Dienstvertrag des Geschäftsführers mit der veräußernden Gesellschaft ist somit grundsätzlich möglich und bietet die Option einer frühzeitigen Aufhebung des Dienstverhältnisses, sollte der Geschäftsführer in Folge eines Betriebsüberganges vorzeitig abberufen werden. Dadurch erlöschen die Ansprüche aus dem Dienstverhältnis, die auch nach Betriebsübergang mit der bestehenden, aber veräußerten Gesellschaft, einschlägig sind. Dies ist insbesondere bei langen Kündigungsfristen relevant.

Fazit

Möchten Sie Ihr Unternehmen verkaufen und haben Sie für die Leitung Ihres Betriebes einen Fremdgeschäftsführer einberufen, so ist es empfehlenswert, von Anfang an mit Ihrem Geschäftsführer über Ihr Vorhaben zu sprechen. Da der Geschäftsführer die einzige Person ist, deren Arbeitsverhältnisse bei einem Unternehmensverkauf als Asset Deal keine automatische rechtliche Sicherung findet, kann dies bei späteren Vertragsverhandlungen mit dem Käufer, Betriebsprüfungen vor dem Verkauf und anderen Phasen des Unternehmensverkaufs viele Konflikte bereits im Voraus entspannen.

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  • Über den Autor

    Georg Wässa

    Georg Wässa hat über zehn Jahre Erfahrung in den Bereichen M&A, Banking und Immobilienwirtschaft. Seine berufliche Laufbahn führte ihn neben der Tätigkeit bei Banken und Fondsgesellschaften unter anderem auch nach Zürich zum Schweizer Marktführer für Unternehmensnachfolge im Mittelstand.

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