Von Georg Wässa   21. Juni 2017

Betriebsverpachtung als Möglichkeit der Unternehmensnachfolge

Wenn ein Unternehmen nicht gänzlich im Rahmen eines Unternehmensverkaufs veräußert werden soll oder der Eigentümer sich weiterhin in die Firma einbringen möchte, so bietet die Unternehmensverpachtung eine attraktive Möglichkeit, diesen Wünschen des Betriebsinhabers gerecht zu werden und gleichzeitig die Tür für neue Ideen und Gestaltungsmöglichkeiten eines Unternehmenspächters zu öffnen.

Ein Unternehmensverkauf ist vor allem bei Kleinbetrieben und Handwerksbetrieben oft dadurch erschwert, dass Gewerbeimmobilien, die zum Betrieb gehören, häufig direkt mit Privatimmobilien der Eigentümer und Inhaber des Betriebs verbunden sind, wie es vor dem Entstehen großer Industriegebiete und industrieller Ansiedlungen in Randgebieten von Städten durchaus üblich war. Ein Verkauf ist somit selten ohne Weiteres realisierbar, wenn das Grundstück oder die Immobilien vom Unternehmen nicht getrennt werden sollen oder nicht getrennt werden können.

Bei einer gewerblichen Verpachtung wird die Firma und das dazugehörige Betriebsvermögen zwar nicht direkt, aber indirekt verpachtet – das heißt, dass die Firma auf dem Papier weiterhin bestehen bleibt, das Betriebsvermögen in Form von Gewerbeimmobilien, Produktionsmitteln und Produktionseinrichtungen aber an einen anderen Unternehmer oder ein anderes Unternehmen verpachtet wird.

Der Unternehmenspachtvertrag

Bei dieser besonderen Form des temporären Betriebsübergangs gibt es einige wichtige Dinge zu beachten, die den Verpächter und zukünftigen Pächter des Betriebs gleichsam betreffen. Zum einen unterliegt der Unternehmenspachtvertrag in Deutschland ähnlich dem Unternehmenskaufvertrag keinen starren gesetzlichen Vorgaben oder Anforderungen, obwohl er im Gesetz zahlreich genannt wird. Dies macht es für Pächter und Verpächter leichter, auf individuelle Umstände des zu verpachtenden Unternehmens einzugehen und diese im Rahmen der Privatautonomie auf die jeweiligen Vorstellungen zuzuschneiden. Jedoch setzt eine Unternehmensverpachtung immer den Abschluss eines Pachtvertrages voraus. Die vertragliche Praxis und dazugehörige Rechtsprechung im Hinblick auf Unternehmenspachtverträge wurde im Wesentlichen durch den Bundesfinanzhof geprägt und von der Finanzverwaltung übernommen. Der BFH hat hierin dennoch einige Anforderungen an einen Unternehmenspachtvertrag gestellt. Voraussetzungen für eine Betriebsverpachtung im Ganzen sind demnach, dass:

  • Ein Betrieb in seinen wesentlichen Bestandteilen beziehungsweise seinen wesentlichen sachlichen und wirtschaftlichen Grundlagen verpachtet wird
  • Der Pächter den ursprünglichen Betrieb fortführt und
  • Keine Betriebsaufspaltung zwischen Verpächter und Pächter vorliegt

Selbst wenn es darüber hinaus keine weiteren Formerfordernisse an den Unternehmenspachtvertrag gibt, so ist es selbstverständlich ratsam, dass dieser in schriftlicher Form verfasst wird. Aufgrund der Komplexität der Materie und der weitreichenden Folgen eines solchen Vertrages ist es außerdem empfehlenswert, einen Anwalt mit der Prüfung des Vertrages zu beauftragen. Unter Umständen ist auch die notarielle Beurkundung lohnenswert, beispielsweise um für die Pachtzahlung einen vollstreckbaren Titel zu schaffen.

Zur Sicherstellung der Ansprüche des Verpächters hat der Pächter regelmäßig bei Vertragsschluss, ähnlich der Praxis bei Wohnungsmietverträgen, eine Kaution zu leisten. In der Regel beläuft sich diese auf einen Betrag in Höhe der dreifachen Netto-Pacht.

a) Haftung

Der Pächter haftet nach § 25 HGB für die bei Pachtbeginn im Betrieb vorhandenen Verbindlichkeiten, wenn er den Betrieb unter der bisherigen Firma fortführt, wobei der Verpächter aus den vorhandenen Verbindlichkeiten verpflichtet bleibt. Gemäß § 26 HGB sind alle Ansprüche spätestens nach Ablauf von fünf Jahren nach Übernahme des Geschäfts durch den Pächter gegen den Verpächter verjährt, falls die Verjährung nicht bereits zu einem früheren Zeitpunkt eingetreten ist.

b) Arbeitsverhältnisse

Die bestehenden Arbeitsverhältnisse des zu verpachtenden Betriebs gehen wie beim Unternehmensverkauf gemäß § 613a BGB ebenfalls auf den Pächter über. Der Pächter hat im Hinblick auf die Erfüllung der Arbeitsverträge kein Wahlrecht, vertraglich geregelte Zusagen in den Arbeitsverträgen sind weiterhin gültig und auch durchsetzbar, allerdings nicht vollständig gegen den Pächter, sondern teilweise auch anteilig gegen den Verpächter.

c) Kaufvertrag im Pachtvertrag: Umlaufvermögen

Das Umlaufvermögen, vor allem das Warenlager und der Forderungsbestand, wird in der Regel nicht mitverpachtet, sondern an den Pächter verkauft, da diese Vermögensgegenstände schnell nach der Verpachtung veräußert beziehungsweise verwertet werden müssen und dem Unternehmen nicht langfristig bis zum Ende des Pachtvertrages dienen können. Unternehmenspachtverträge enthalten deshalb standardmäßig als Vertragsbestandteil auch einen Kaufvertrag über das Umlaufvermögen, in dem auch das dingliche Rechtsgeschäft zur Eigentumsübertragung und die Forderungsabtretung enthalten sind. Der juristische Bestimmtheitsgrundsatz verlangt hier eine möglichst genaue Bezeichnung der verkauften Wirtschaftsgüter.

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d) Pachtzins

Auch beim Pachtzins haben die Vertragsparteien einen großen privatautonomischen Spielraum. So kann der Pachtzins sowohl in fixen als auch variablen Komponenten vereinbart werden. Der Pachtzins ist als fix vereinbarter, monatlich zu zahlender Betrag denkbar, ebenso wie als eine Kombination aus festen und erfolgsabhängigen Bestandteilen. Die Vertragslaufzeit des Unternehmenspachtvertrags ist zwar frei wählbar, jedoch ist diese wegen der weitreichenden Folgen einer Unternehmensverpachtung in der Regel längerfristig. Aus praktischen Gründen sollte eine Kündigung des Pachtvertrags darüber hinaus nur jeweils zum Ende eines Jahres oder Geschäftsjahres möglich sein. Der zu diesem Stichtag zu erstellende Jahresabschluss ist dann zugleich Schlussbilanz des den Betrieb weiterführenden Pächters oder ursprünglichen Verpächters.

e) Steuern

Auch steuerrechtlich ist die Betriebsverpachtung noch keine Betriebsaufgabe im engeren Sinne, weil auch bei einem langfristigen Pachtvertrag die Rücknahme beziehungsweise Weiterführung des Betriebs durch den Unternehmer möglich bleibt. Denn: Obwohl der Pächter die Firma lenkt, bleibt der Verpächter weiterhin Unternehmer. Eine „echte“ Betriebsaufgabe würde dagegen zur Aufdeckung und Versteuerung der im Unternehmen ruhenden stillen Reserven führen. Die durch eine Verpachtung erzielten Zinsen stellen Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung im Sinne des § 21 Abs. 1 Nr. 1 EStG dar, die auf den mit vermieteten Geschäfts- oder Firmenwert entfallenden Pachtzinsen sind dagegen nachträgliche Betriebseinahmen.

Abschließendes

Die Verpachtung erlaubt es dem Verpächter, die vorhandenen Vermögenswerte zu behalten. Der Unternehmer ist weiterhin unternehmerisch tätig und erzielt mit der Verpachtung eine deutlich höhere Rendite, als mit einer alternativen Anlage des Kaufpreises am Kapitalmarkt. Weiterhin bedeutet die Verpachtung für den bisherigen Betriebsinhaber nicht, dass er die Betriebsführung vollständig aus der Hand gibt: Infrage kommt oft eine freiberufliche Mitarbeit bei dem Pächter zum Beispiel als Berater.

Vorteile der Unternehmenspacht im Überblick

Vorteile aus Sicht des Verpächters Vorteile aus Sicht des Pächters
Eigenes Lebenswerk wird nicht vollständig abgegeben Geringer Kapitalbedarf
Weitere Möglichkeit der Betriebssteuerung, etwa durch Beratertätigkeit Einstieg in ein bestehendes und etabliertes Unternehmen
Durch Pachtzins oft höhere Rendite als durch einfachen Verkauf  Trotz voller Verantwortung während der Pachtzeit besteht die Möglichkeit, das Unternehmen nach Ablauf der Pacht wieder abzugeben
Steuerliche Vorteile gegenüber einem Unternehmensverkauf  Pachtzahlungen sind Betriebsausgaben und damit steuerlich voll wirksam

 

    • Porträt von Georg Wässa
  • Über den Autor

    Georg Wässa

    Georg Wässa hat über zehn Jahre Erfahrung in den Bereichen M&A, Banking und Immobilienwirtschaft. Seine berufliche Laufbahn führte ihn neben der Tätigkeit bei Banken und Fondsgesellschaften unter anderem auch nach Zürich zum Schweizer Marktführer für Unternehmensnachfolge im Mittelstand.

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