Von Georg Wässa 06. Mai 2021
Eine der häufigsten Fragen im Rahmen einer Erstberatung zum Unternehmensverkauf ist jene nach der Höhe der Steuer beim Unternehmensverkauf. Wie so oft im deutschen Steuerrecht lautet hier die Antwort: „Kommt drauf an“. Es gibt also keine pauschale Antwort. Dennoch ist die Steuer in aller Regel der mit Abstand höchste Kostenblock beim Verkauf eines Unternehmens und daher für Firmeninhaber von großer Bedeutung. Trotz des individuellen Charakters der Besteuerung und besonderer Umstände im Einzelfall, bemisst sich die Besteuerung immer nach denselben Grundregeln.
Im Rahmen eines Unternehmensverkaufs kommen auf Firmeninhaber unterschiedliche Kosten zu. Während die Kosten für anwaltliche Beratung, Notar oder einen M&A-Berater für einen Verkäufer einschätzbar sind, lässt sich der berüchtigte Steuerdschungel nur schwer durchdringen.
Gerade bei Familienunternehmen mit längerer Historie und Rechtsformwechsel sowie Unternehmen mit selbst genutzter Betriebsimmobilie warten eine Vielzahl steuerlicher Fallstricke. Erfahrungsgemäß sind Unternehmer nur unzureichend über die steuerlichen Besonderheiten im Bilde. Aus diesen Gründen ist es ratsam, einen auf Unternehmensverkäufe spezialisierten Steuerberater zu konsultieren und auch bei der Auswahl des M&A-Beraters auf dessen Qualifikation in Sachen Steuerrecht zu achten.
Entgegen der landläufigen Meinung ist der Kaufpreis für ein Unternehmen nicht der (einzig) entscheidende Punkt für die Ermittlung der Steuerlast. Hierzu benötigt es den Veräußerungsgewinn. Das Einkommensteuergesetz definiert sieben Einkunftsarten, wovon die Einkünfte aus Gewerbebetrieb im Falle des Unternehmensverkaufs die relevanten sind.
Der Begriff des Veräußerungsgewinn im Rahmen des Unternehmensverkaufs und die dazugehörigen allgemeinen steuerlichen Regelungen sind demnach in den Paragraphen 16 und 17 des Einkommensteuergesetzes (EStG) zu finden, die die weitergehenden Regelungen zu eben jenen Einkünften aus Gewerbebetrieb regeln. Aus Gründen der Einfachheit wird auf die Sonderregelungen für Forst- und Landwirtschaftsbetriebe (vgl. §14 EstG) sowie für Veräußerungsgewinne aus Beteiligungen von Kapitalgesellschaften (vgl. §8b KStG) verzichtet.
Der angesprochene Veräußerungsgewinn folgt der Logik der steuerlichen Gewinnermittlung des Betriebsvermögensvergleichs. Das heißt, dass der Gewinn der Unterschiedsbetrag aus dem Betriebsvermögen zum Ende des Geschäftsjahres und dem Betriebsvermögen zu Beginn des Geschäftsjahres ist. Daraus folgt die Heranziehung von Anschaffungskosten und Bilanzwerten sowie die Verrechnung von Kosten im Zusammenhang mit einer Veräußerung.
Veräußerungsgewinn (…) ist der Betrag, um den der Veräußerungspreis nach Abzug der Veräußerungskosten den Wert des Betriebsvermögens (…) übersteigt.
§ 16 Absatz 2 EstG
Beispiel: Ein Handwerksbetrieb in der Rechtsform des Einzelunternehmens verkauft für 1 Mio. EUR seinen Betrieb mit den dazugehörigen Betriebsaktiva (Werkzeuge, Vorräte, Fuhrpark, etc.). In der Bilanz des Unternehmens ist das Betriebsvermögen mit 250 TEUR ausgewiesen. Durch die Veräußerung entstehen Beratungskosten in Höhe von 50 TEUR. Der Veräußerungsgewinn ist demnach:
Kaufpreis 1 Mio. EUR – Buchwert der Aktiva 250 TEUR – Beratungskosten 50 TEUR = 700 TEUR
Für die Ermittlung der Steuerlast ist der so ermittelte Veräußerungsgewinn die Basis für die Steuer. Bereits hier ist zu sehen, dass der Unterschied zu der Annahme der Besteuerung des Kaufpreises, beachtlich ist.
Ist der Handwerksbetrieb im vorstehenden Beispiel kein Einzelunternehmen, sondern eine Kapitalgesellschaft in Form einer GmbH, gelten die Regelungen des § 17 EstG, die aber der grundsätzlich gleichen Logik folgen, dass der Veräußerungsgewinn und nicht der Kaufpreis entscheidend ist.
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Mit dem Veräußerungsgewinn wird zunächst ermittelt, was der tatsächliche Gewinn des Verkäufers ist. Dieser ist die Ausgangsbasis für alle weiteren Berechnungen, aber noch nicht zwangsläufig die Bemessungsgrundlage, mit der anhand der Einkommensteuertabelle der Steuertarif und damit der persönliche Steuersatz angesetzt werden kann.
Im Falle einer Personengesellschaft (Einzelunternehmen, OHG, KG etc.) finden sich weiterführende Regelungen im § 34 EstG, der solche Veräußerungsgewinne als außerordentliche Einkünfte definiert. Für außerordentlich Einkünfte gelten grundsätzlich zwei Regelungen. Zum einen gilt die Fünftelregelung, die stark vereinfacht gesagt die Einkünfte fiktiv auf fünf Jahre verteilt und den darauf ermittelten Steuersatz dann auf das Gesamteinkommen anwendet. Hier soll verhindert werden, dass der Steuerpflichtige durch die Progression in einen eigentlich für ihn zu hohen Steuertarif fällt. Alternativ zur Fünftelregelung kann ein Veräußerer, der das 55. Lebensjahr vollendet hat, auf Antrag einen einmaligen Anspruch auf eine Reduzierung des Steuertarifs auf 56% des ursprünglichen Tarifs geltend machen (Höchstgrenze beachten!).
Bei dem Verkauf der Kapitalgesellschaft gelten die Regelungen des § 34 EstG nicht. In diesen Fällen ist das Teileinkünfteverfahren anzuwenden, bei dem nach § 3 Nr. 40 EstG 40% des Veräußerungsgewinns vollständig steuerfrei sind. Die übrigen 60% unterliegen der regulären Einkommensteuer. Es sei an dieser Stelle nochmals explizit erwähnt, dass es sich beim Verkauf von GmbH-Anteilen (im Sinne dieses Artikels) nicht um Einkünfte aus Kapitalvermögen handelt, sondern der Gesetzgeber diese nach § 17 EstG, Absatz 1 ausdrücklich als Einkünfte aus Gewerbebetrieb deklariert. Währenddessen sind regelmäßige Ausschüttungen einer GmbH Einkünfte aus Kapitalvermögen nach § 20 EstG.
Insbesondere bei selbst genutzten Immobilien können durch die so genannte Betriebsaufspaltung beim Unternehmensverkauf besonders hohe steuerliche Risiken entstehen. Typischerweise passiert das, wenn ein Unternehmer einen Betrieb als Personen- oder Kapitalgesellschaft führt und an diesen als Privatperson ein von ihm gehaltenes Grundstück vermietet. Die bei einer Vermietung üblichen steuerlichen Regelungen für die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung fallen dabei nicht an. Tatsächlich handelt es sich nach ständiger Rechtsprechung bei den Mieteinnahmen um Einkünfte aus einem Gewerbebetrieb. Dies ist immer dann der Fall, wenn es eine sachliche und personelle Verflechtung zwischen dem Besitzunternehmen (Grundstücksgesellschaft, bzw. -inhaber) und dem Betriebsunternehmen (z.B. eine GmbH & Co. KG) gibt.
Die Immobilie wird somit, ohne dass es einer gesonderten Regelung oder Handlung bedarf, automatisch dem Betriebsvermögen des Unternehmens hinzugerechnet. Während der unternehmerischen Tätigkeit ist dieser Umstand noch nicht gravierend, doch im Falle der Unternehmensnachfolge von höchster Relevanz. Verkauft der Unternehmer seinen Betrieb oder seine Betriebsgesellschaft vollständig, folgt daraus eine Betriebsaufgabe der Besitzgesellschaft, die das steuerliche Konstrukt des Immobilienvermögens in Hand des Unternehmers ist. Eine Betriebsaufgabe führt zwingend zur Überführung von Betriebs- in Privatvermögen, die mit der Aufdeckung Stiller Reserven einhergeht.
Stille Reserve = Differenzbetrag zwischen dem gemeinen Wert (Verkehrswert) und dem Buchwert eines Wirtschaftsguts
Die Aufdeckung Stiller Reserven führt beim Inhaber der Immobilie zu einem Buchgewinn, der vollständig in die Ermittlung der Einkommensteuer einfließt. Konkret heißt das, dass eine vor 30 Jahren angeschaffte und vollständig abgeschriebene Immobilie beim Verkauf des Unternehmens mit ihrem vollen Verkehrswert als Veräußerungsgewinn zu versteuern ist. Die sich hierdurch ergebende Steuerlast des Unternehmers kann sich dabei schnell auf hohe Beträge belaufen. Nicht selten müssen Unternehmer bei der Betriebsaufgabe die Erlöse aus dem Verkauf für diese Steuerzahlung aufbringen oder neue Kreditbelastungen auf die Immobilie eintragen.
Und das obwohl der Unternehmer keinen Gegenwert in Form von Geld erhalten hat und ihm die Immobilie nach wie vor gehört. Die oft vermutete Steuerbefreiung nach 10 Jahren greift im Übrigen nicht, da diese ausschließlich für die Veräußerung von Immobilien aus dem Privatvermögen gilt und wie oben beschrieben die Betriebsaufspaltung zur Veranlagung der Immobilie im Betriebsvermögen führt.
Die Betriebsaufspaltung und die damit einhergehende Zuordnung der Immobilie zum Privatvermögen bedingt die personelle Verflechtung zwischen Betriebs- und Besitzunternehmen oder anders ausgedrückt: Es muss sich direkt oder indirekt um denselben Inhaber handeln. Demzufolge entsteht die Betriebsaufspaltung nicht, wenn zum Beispiel die Immobilie der Ehefrau gehört, während der Ehemann Betriebsinhaber ist (Ausnahme bei Gütergemeinschaft).
Eine weitere Möglichkeit besteht im Rahmen einer Betriebsverpachtung an den Nachfolger. Hier bleibt der Betriebsinhaber der Eigentümer und löst seinen Betrieb nicht auf. Dies verlagert die Problematik aber lediglich in die Zukunft und kann je nach persönlicher Situation mit verschiedenen Vor- und Nachteilen behaftet sein.
Lässt sich die Aufdeckung der Stillen Reserven nicht verhindern oder wesentlich reduzieren, bietet sich die Möglichkeit der Bildung einer so genannten 6b-Rücklage an. Hierbei handelt es sich um ein Wahlrecht, bei dem vereinfacht gesagt der Veräußerungsgewinn aus der Immobilie innerhalb einer Frist von vier Jahren auf ein vergleichbares Wirtschaftsgut übertragen werden kann. Es reduziert sich der Buchwert des Ersatzwirtschaftsguts um den übertragenen Betrag.
Im Zuge des Unternehmensverkaufs ist eine gute steuerliche Beratung und sorgfältige Planung von immenser Bedeutung. Eine schlechte Strukturierung der Transaktion, falsche Wertansätze oder unpassende Zahlungsmodalitäten können zu einer erheblichen steuerlichen Mehrbelastung oder hohen Nachzahlungen führen.
Ein guter M&A-Berater erkennt mögliche steuerliche Probleme und weist frühzeitig darauf hin. Insbesondere Spezialfälle wie Betriebsaufspaltungen oder Pensionszusagen für Alt-Gesellschafter müssen ordentlich und vor allem rechtzeitig behandelt werden, damit alle Beteiligten von unangenehmen Überraschungen verschont bleiben.