Von Severin Lutz   30. April 2025

M&A-Branchenreport: Der Markt für Verschlusstechnik

Einordnung der Branche mit Fokus auf mechanische, elektronische und industrielle Systeme sowie Trends zu Miniaturisierung, Sensorik und Smart Security

1. Marktanalyse 2025: Wie sich die Verschlusstechnik zwischen Mechanik und Digitalisierung neu aufstellt

Die Verschlusstechnik ist ein essenzieller Bestandteil moderner Sicherheitslösungen in privaten, gewerblichen sowie industriellen Anwendungen. Sie umfasst eine Vielzahl an Systemen zur Sicherung von Zugängen, Maschinen und sensiblen Bereichen – von klassischen Türschlössern bis hin zu hochentwickelten elektronischen Zugangssystemen. Die Branche vereint traditionelle mechanische Lösungen mit fortschrittlicher Elektronik und intelligenter Sensorik. Entsprechend vielfältig ist die Produktpalette: Sie reicht von Zylinder- und Vorhängeschlössern über biometrische Smart Locks bis hin zu industriellen Sicherheitsverriegelungssystemen.

Die Branche ist vom Mittelstand geprägt. Eine Vielzahl kleiner und mittlerer Unternehmen (KMU) charakterisiert die industrielle Landschaft – insbesondere in Deutschland. Viele dieser Betriebe sind hochspezialisiert, mit geschützten Technologien und tiefem Fertigungs-Know-how, mit dem sie globale Märkte bedienen. Forschung und Entwicklung nehmen eine zentrale Rolle ein – mit besonderem Fokus auf Materialinnovationen, Miniaturisierung und Vernetzung.

Mit der zunehmenden Technologisierung steigen zugleich die Anforderungen an Produktsicherheit, Datenschutz und Zertifizierungen. Besonders im industriellen Bereich erschweren komplexe regulatorische Rahmenbedingungen sowie internationale Normen den Marktzugang. Kleine Anbieter sehen sich dadurch häufig mit erhöhtem Kostendruck und längeren Produktentwicklungszyklen konfrontiert. Hinzu kommen Herausforderungen wie Fachkräftemangel, steigende Rohstoffpreise und der zunehmende Druck zur nachhaltigen Produktion.

Die Struktur des Marktes gliedert sich grob in drei Segmente:

a. Mechanische Schlösser und Beschläge

Zu diesem Segment zählen klassische Tür- und Fensterschlösser wie Zylinder- und Einsteckschlösser, Vorhängeschlösser sowie Schließzylinder nach DIN 18252. Besonders relevante Nischen sind Hochsicherheitsschlösser für sicherheitskritische Bereiche wie Banken oder Gefängnisse, die eine erhöhte Widerstandsfähigkeit gegen Manipulation und Einbruch erfordern. Der globale Markt für mechanische Schlösser wird voraussichtlich in den kommenden Jahren moderat weiterwachsen.

Einige wenige Anbieter dominieren den Markt: Führende Marken wie ASSA ABLOY AB, Allegion plc und dormakaba Holding AG halten den Großteil des Marktanteils – dank fortschrittlicher Technologien, globaler Vertriebsnetze und eines breit aufgestellten Produktportfolios.

Die Pro-Kopf-Ausgaben für mechanische Schließsysteme sind in den USA, Australien und Deutschland am höchsten.

b. Elektronische Zugangssysteme

Dieser wachstumsstarke Markt umfasst digitale Schließsysteme (z. B. RFID oder Keyless-Entry), IoT-fähige Smart Locks für Privathaushalte und Gewerbe sowie biometrische Lösungen wie Fingerprint- oder Gesichtserkennungssysteme. Getrieben wird die Nachfrage durch Trends wie Smart Buildings, Zutrittskontrolle aus der Ferne und vernetzte Sicherheitstechnologien. Auch wenn der Markt zur Zeit ähnlich groß wie der für mechanische Schlösser ist, wächst er deutlich dynamischer und gewinnt zunehmend an Bedeutung – wobei mechanische Schlösser weiterhin unverzichtbar für viele Anwendungen bleiben.

c. Industrielle Verriegelungstechnik

Im industriellen Umfeld kommen sicherheitsrelevante Verriegelungssysteme für Maschinen (ISO 14119-konform) sowie explosionsgeschützte Verschlüsse, beispielsweise in Chemieanlagen, zum Einsatz. Diese Produkte müssen besonders hohe Anforderungen an Sicherheit, Normenkonformität und Langlebigkeit erfüllen. Auch in diesem Segment wird ein überdurchschnittliches Wachstum erwartet – stärker als bei mechanischen Schlössern, jedoch schwächer als bei elektronischen Zugangssystemen.

Allerdings stellt die zunehmende Komplexität regulatorischer Anforderungen eine wesentliche Herausforderung für das Marktwachstum dar. Regional betrachtet zeigt sich das dynamischste Wachstum im asiatischen Markt. Dieser Trend ist auf den verstärkten Fokus auf Arbeitssicherheit in der Region zurückzuführen, was zu einer erhöhten Nachfrage nach modernen industriellen Sicherheitslösungen führt.

­ Die Verschlusstechnik steht durch technologische Innovationen, steigende Sicherheitsanforderungen und dem zunehmenden Einsatz von Spritzgussverfahren an der Schnittstelle zwischen traditioneller Mechanik und digitaler Zukunft.


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Technologische Relevanz des Spritzgusses inkl. Deutschland als führendem Produktionsstandort

2. Spritzgusstechnologie: Warum sie Schlüsseltechnologie der Verschlusstechnik ist

  • Eine Schlüsselrolle in der Produktion von Komponenten der Verschlusstechnik spielt das Spritzgussverfahren. Diese Technologie ermöglicht die kosteneffiziente Fertigung komplexer Bauteile aus thermoplastischen Kunststoffen oder Metallpulvern. Durch ihre hohe Präzision, Gestaltungsfreiheit und Wiederholgenauigkeit ist die Spritzgusstechnik besonders für mittlere bis große Stückzahlen ideal geeignet.

    Typische Einsatzbereiche des Spritzgusses in der Verschlusstechnik

    • Gehäuse und Abdeckungen:
      Kunststoffgehäuse für Tür- oder Autoschlösser bieten geringes Gewicht, Korrosionsbeständigkeit und hohe Designfreiheit. Daher sind sie auch im Camping- und Caravanbereich besonders gefragt.
      Kunststoff ist leicht, langlebig und kostengünstiger als Metall.
       
    • Mechanische Bauteile im Schlossinneren:
      Zahnräder, Hebel oder Führungselemente innerhalb eines Schlosses können aus hochfestem Kunststoff gefertigt werden.
      Kunststoff reduziert Reibung, Verschleiß und Geräuschentwicklung.
       
    • Elektronische Schließsysteme & Smart Locks:
      Sensorhalterungen, Batterieabdeckungen und Bedienelemente in Smart Locks benötigen präzise und funktionale Formteile, die im Spritzgussverfahren in Serie hergestellt werden.
      Hohe Stückzahlen bei gleichbleibender Qualität machen das Verfahren besonders attraktiv für die Smart-Lock-Produktion.
    • Quelle: Statista, eigene Darstellung
    • Deutschlands Marktführerschaft im Spritzguss, mit einem EU-Marktanteil von rund 57 %, sowie die enge Verzahnung von Mechanik und Digitalisierung bilden ein einzigartiges industrielles Ökosystem im Bereich Verschlusstechnik.
       
    • Führende Hersteller verbinden hochpräzise Mikrospritzgussfertigung (Toleranzen von unter 0,01 mm) mit innovativen IoT- und KI-Lösungen – etwa bei hybriden Industrieverschlüssen, intelligenten Zutrittssystemen oder smarten Schaltschranksystemen. Dieses Zusammenspiel fördert Technologiekompetenz, Exportstärke und Wettbewerbsvorteile im globalen Markt.

 Die Verknüpfung von Hardware- und Softwarekompetenz – insbesondere auf Basis moderner Spritzgusstechnologie – sichert die globale Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Verschlusstechnikindustrie, insbesondere in Hochsicherheitsanwendungen und industriellen Nischenmärkten.


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Einblick in Marktgrößen, Wachstumsraten und internationale Nachfrage, mit besonderem Fokus auf Deutschland als Unternehmensstandort

3. Umsatzvergleich und Marktstruktur: Deutsche Verschlusstechnikunternehmen eingeordnet nach Marktwachstum

Der globale Markt für Schließmechanik und Sicherheitstechnik profitiert von einer steigenden Nachfrage nach hybriden Systemlösungen – einer Kombination aus mechanischer Robustheit und digitaler Intelligenz. Während international insbesondere IoT-fähige Systeme wie Smart Locks und biometrische Zugangskontrollen im Fokus stehen, bleibt Deutschland als Technologiestandort ein Schlüsselmarkt – vor allem für industrielle Hochsicherheitslösungen mit höchsten Anforderungen an Zuverlässigkeit, Normenkonformität und Systemintegration.

    • Quelle: Statista, MarketsandMarkets, Future Market Insights, eigene Darstellung
    • Der Markt für mechanische Schlösser und Beschläge wächst weiterhin moderat mit einer jährlichen Wachstumsrate (CAGR) von 3,7 % im Zeitraum von 2025 bis 2035. Damit steigt der globale Marktumsatz von 6,59 Milliarden Euro im Jahr 2025 auf 7,90 Milliarden Euro im Jahr 2030 – bei einem Wechselkurs von 0,85 Euro pro US-Dollar. Deutschland zählt zu den Ländern mit den höchsten Pro-Kopf-Ausgaben in diesem Segment.
       
    • Elektronische Zugangssysteme verzeichnen hingegen ein deutlich dynamischeres Wachstum. Der Markt wächst von 7,31 Milliarden Euro im Jahr 2025 auf 12,61 Milliarden Euro im Jahr 2030, bei einem Wechselkurs von 0,92 Euro pro US-Dollar. Das entspricht einem durchschnittlichen jährlichen Wachstum von 11,5 % (CAGR).
       
    • Die industrielle Verriegelungstechnik liegt mit einem prognostizierten CAGR von 6,5 % im mittleren Wachstumsbereich. Der Umsatz dieses Segments steigt von 6,54 Milliarden Euro im Jahr 2025 auf 8,96 Milliarden Euro im Jahr 2030, bei einem Wechselkurs von 0,85 Euro pro US-Dollar. Asiatische Märkte – insbesondere China, Japan und Indien – gelten als Haupttreiber, angetrieben durch den Ausbau der Chemie- und Pharmaindustrie in der Region.
    • Quelle: Statista, eigene Darstellung
    • Der globale Markt für Metall-Spritzguss wurde im Jahr 2023 auf 4,68 Milliarden Euro geschätzt, bei einem Wechselkurs von 0,92 Euro pro US-Dollar.
       
    • Bis 2030 soll der Markt mit einer durchschnittlichen jährlichen Wachstumsrate (CAGR) von 11,6 % wachsen. Diese Entwicklung unterstreicht die Relevanz und Dynamik des Metall-Spritzgusses, der branchenübergreifend Anwendung findet – von der Elektronik über die Luft- und Raumfahrt bis hin zur Medizintechnik.
       
    • Für das Jahr 2030 wird ein Marktvolumen von 10,09 Milliarden Euro prognostiziert.

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Mehrkomponenten-Spritzguss, Mikropräzision, IMSE – zentrale technologische Impulse für Wertschöpfung und Differenzierung.

4. Wachstumspotenziale 2030: Welche Innovationen die Verschlusstechnik in die Zukunft führen

    • eigene Darstellung
    • Mehrkomponenten-Spritzguss:
      Dieses Verfahren ermöglicht die Verarbeitung unterschiedlicher Materialien – etwa harter und weicher Komponenten – in einem einzigen Produktionsschritt. Dadurch entstehen funktionsintegrierte Bauteile, die kompakter, robuster und mechanisch wie funktional vielseitiger sind. In der Verschlusstechnik findet diese Technologie Anwendung bei komplexen Gehäusen, integrierten Dichtungen und haptisch optimierten Oberflächen.
       
    • Mikropräzision:
      Mit der fortschreitenden Miniaturisierung steigen die Anforderungen an Fertigungstoleranzen und Präzision – insbesondere bei biometrischen Sensoren, elektronischen Steuerungen oder kompakten Verriegelungseinheiten. Hochpräzise Fertigungstechnologien ermöglichen die Produktion solcher hochfunktionalen Kleinstkomponenten, ohne Kompromisse bei Zuverlässigkeit oder Sicherheitsstandards.
       
    • Integrierte Elektronik (IMSE – In-Mold Structural Electronics):
      Durch Verfahren wie In-Mold Structural Electronics lassen sich elektronische Funktionen direkt in das Spritzgussteil integrieren – darunter Leiterbahnen, Sensoren oder RFID-Antennen. Diese Technologie sorgt für Platzersparnis, Gewichtsreduktion und eine vereinfachte Montage, wodurch die Gesamteffizienz moderner Zugangssysteme deutlich gesteigert wird.

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Analyse aktueller EBIT Multiples, Bewertungsbandbreiten für KMU sowie Einflussfaktoren aus Maschinenbau und Elektrotechnik

5. Unternehmensbewertung im Branchenvergleich: Wie Verschlusstechnik-Firmen aktuell bei EBIT Multiples eingeordnet werden

    • Quelle: DUB, eigene Darstellung * eigen berechnetes Multiple
    • Der Verschlusstechnik-Multiple ergibt sich aus einer Mischung der Multiples der Branchen Maschinen- und Anlagenbau sowie Elektrotechnik.
       
    • Elektrotechnikunternehmen werden derzeit etwas tiefer bewertet als Maschinen- und Anlagenbauunternehmen.
       
    • Der Durchschnitts-Multiple für deutsche Verschlusstechnikunternehmen beläuft sich auf rund 6,1.
       
    • Die Praxis zeigt derzeit i.d.R. eine Multiple-Bewertung von 4,2x bis 5,0x bei kleinen, mittelständischen Gewerben aus der Branche.
    • Severin Lutz in einem Beratungsgespräch
  • Unternehmensverkauf

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Erkenntnisse zu Konsolidierungsbewegungen, globaler Investorenaktivität und Krisenübernahmen mittelständischer Hidden Champions

6. M&A-Analyse 2019-2024: Was die jüngsten Transaktionen über den deutschen Markt verraten

  • Technologiegetriebene Konsolidierung:
    Der Anstieg von Übernahmen im Kunststoffspritzguss-Sektor (2024) spiegelt die Nachfrage nach skalierbaren Fertigungslösungen für IoT-fähige Sicherheitskomponenten wider.
     
  • Globalisierung der Wertschöpfungskette:
    Ausländische Investoren (v. a. aus Asien) erwerben deutsche Zulieferer, um Zugang zu europäischen Sicherheitsstandards und Präzisionstechnologien zu sichern.
     
  • Wachstum durch Übernahme von "Hidden Champions":
    Traditionsreiche mittelständische Unternehmen mit spezialisiertem Know-how – etwa im Bereich Hochpräzisions-Spritzguss – werden zunehmend von Investoren übernommen, um ihr Potenzial zu heben und gezielt zu skalieren.

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Verkaufsgründe wie Nachfolge und Regulatorik vs. Kaufmotive wie Technologiezugang, Skalierung und Portfolioerweiterung

7. Transaktionsmotive in der Verschlusstechnik: Warum Eigentümer verkaufen und Käufer kaufen

Verkaufsgründe von Gesellschaftern von inhabergeführten Verschlusstechnikunternehmen

    • Nachfolgeregelung: Rückzug aufgrund von Alter oder gesundheitlichen Gründen; oft fehlen familieninterne Nachfolger
    • Technologische Weiterentwicklung: Aufnahme von Investoren, um Digitalisierungsrückstände aufzuholen (z. B. IoT-Integration, Cloud-Steuerung) oder Skaleneffekte im Elektroniksegment zu nutzen
    • Branchenkonsolidierung: Druck durch globale Player (wie Assa Abloy oder Allegion) – mittelständische Hersteller verkaufen, um im Wettbewerb zu bestehen
    • Regulatorische Last: Hohe Kosten für Zertifizierungen oder Compliance-Anforderungen (DSGVO bei smarten Schließsystemen)
    • Gesellschafterkonflikte: Strategische Differenzen, etwa bei der Ausrichtung auf mechanische vs. digitale Lösungen

     

Kaufgründe von Kaufinteressenten inhabergeführter Verschlusstechnikunternehmen

    • Technologiezugriff: Übernahme von Spezialisten für Biometrie, KI-basierte Zugangskontrolle oder IP-basierte Videoüberwachung
    • Portfolioerweiterung: Streben nach „Full-Service“-Lösungen (z. B. Kombination von mechanischen Schlössern + IoT-Plattformen)
    • Marktdurchdringung: Erschließung neuer Regionen (z. B. Asien für industrielle Verriegelungstechnik) oder Kundensegmente (E-Mobility: Ladestationen mit Zugangskontrolle)
    • Skalierungspotenzial: Private-Equity-Investoren nutzen die Branchenfragmentierung, um regionale Anbieter zu konsolidieren
  • Über den Autor

    Severin Lutz

    Severin Lutz hat durch seine Tätigkeiten in mehreren börsennotierten Unternehmen und in einer internationalen Beratung umfassende Analysekompetenz und ausgeprägtes Wissen in den Bereichen Strategie und Unternehmensführung. Vor seiner Zeit bei COVENDIT war er für den Schweizer Marktführer im Bereich mittelständischer Unternehmensverkäufe an den Standorten Frankfurt und Zürich tätig und hat zahlreiche Transaktionen erfolgreich begleitet.

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