Von Severin Lutz 25. Juni 2021
Während stationäre Händler über stagnierende und zum Teil sinkende Umsätze klagen, erlebt der Onlinehandel einen wahren Boom. Das ruft auch Investoren auf den Plan, die in die stark wachsenden Geschäftsmodelle investieren. Zu den Übernahmezielen gehören neben unabhängigen, eigenständigen Onlineshops am häufigsten Amazon-Händler. In letzter Zeit ist eine neue Käufergruppe auf dem Markt aufgetaucht und buhlt mit den etablierten Käufergruppen um die über 3.500 deutschen FBA-Händler. Die Rede ist von sogenannten „Private Label Konsolidatoren“ oder “Amazon Aufkäufer” . Inspiriert vom US-amerikanischen Start-up Thrasio sind innerhalb des letzten Jahres viele solcher Unternehmen auf dem deutschen Markt aufgetaucht. Das Geschäftsmodell dieser Konsolidatoren beinhaltet den Aufkauf von FBA Private Label Händlern und das Vereinen dieser Eigenmarken unter einem Dach. Durch Synergieeffekte und gebündeltes Know-how sollen der Umsatz und die Profitabilität der Eigenmarken in dem Ökosystem der Konsolidatoren gesteigert werden. Doch was unterscheidet das neue Phänomen der Amazon Aufkäufer von den etablierten Käufergruppen und welche Käufergruppen zeigen überhaupt Interesse an Private Label Marken?
Die Private Label Aufkäufer zeichnen sich vor allem dadurch aus, dass sie meistens keinen Branchenfokus haben, sondern dass für sie Marken aus fast allen Produktgruppen in Frage kommen. Besonders interessiert sind die Konsolidatoren normalerweise an Unternehmen mit einem Umsatz von mindestens einer Million bis zu über zehn Millionen Euro. Aufgrund der gestiegenen Konkurrenz sind die Konsolidatoren jedoch immer häufiger auch an kleineren Unternehmen interessiert. Statt sich auf eine Branche zu konzentrieren, spielen für die Aufkäufer andere Faktoren eine größere Rolle. Zu diesen Faktoren gehören unter anderem die Skalierungs- und Expansionsmöglichkeiten, welche die Aufkäufer als Hebel für weiteres Wachstum innerhalb ihrer Ökosysteme nutzen können.
Als Besitzer einer Private Label Marke bieten Amazon Aufkäufer als Käufergruppe spezifische Vor- und Nachteile. Positiv hervorzuheben ist, dass diese Käufergruppe grundsätzlich gut kapitalisiert ist und über Budgets in teils dreistelliger Millionenhöhe verfügt. Bekannt ist diese Käufergruppe außerdem für das schnelle Abschließen von Transaktionen, ein weiterer Nebeneffekt des konkurrenzreichen Markts. Außerdem verfügen diese Unternehmen über qualifizierte Experten mit langjähriger E-Commerce und Amazon Erfahrung. Von dieser Kapitalstärke und Erfahrung können Verkäufer im Rahmen von Earn-out Komponenten und zukünftigen Gewinnbeteiligungen direkt profitieren. In diesem Kontext zeigt sich jedoch auch ein potenzieller Nachteil. Bei vielen der Konsolidatoren handelt es sich um sehr junge Unternehmen mit Start-up Charakter und zum Teil limitierter Transaktionserfahrung. Die ersten Amazon Aufkäufer die vor wenigen Jahren auf dem deutschen Markt aufgetaucht sind, sind bereits wieder verschwunden. Der Mangel an Referenzen bei einigen dieser jungen Unternehmen macht es nicht gerade einfacher sich für einen der vielen Amazon Private Label Aufkäufer zu entscheiden. Dennoch gibt es auch in dieser Käufergruppe etablierte Unternehmen, die einen guten Ruf im Markt genießen.
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Die zwei prominentesten Vertreter dieser Gruppe sind Private Equity Gesellschaften und Family Offices. Auch diese Käufergruppe ist inzwischen auf die Verdienstmöglichkeiten im E-Commerce aufmerksam geworden. Auch wenn die Strategie vieler Private Equity Gesellschaften häufig derer der „neuen“ Aufkäufer ähnelt, beide verfolgen eine Buy-and-Build Strategie, so gibt es doch Unterschiede im Detail. Klassische Finanzinvestoren haben aufgrund ihrer Finanzierungsstruktur höhere Anforderungen an die Finanzkraft und fordern stabile historische Cashflows. Außerdem müssen viele der Finanzinvestoren langwierige Due-Diligence Prozesse durchführen, welche sich erst aber einer gewissen Unternehmensgröße lohnen. Daraus lassen sich höhere Ansprüche an das Alter, die Größe und die Substanz des Unternehmens ableiten. Außerdem mangelt es den klassischen Finanzinvestoren zumeist an fachkundigen Experten, die mit den vielen Facetten des Amazon Market Place vertraut sind. Die auf Amazon Private Label spezialisierten Aufkäufer wurden meist von Gründern mit ausgiebiger Amazon FBA und E-Commerce Erfahrung gegründet. Viele von Ihnen waren in der Vergangenheit ebenfalls als Amazon Händler tätig. Der Background der klassischen Finanzinvestoren ist im Gegensatz dazu meist recht konservativ und die Amazon-spezifische Expertise hält sich in Grenzen. Besonders relevant ist das wenn im Rahmen des Verkaufs eine Earn-Out Komponente vereinbart wurde. Je erfolgreicher der neue Eigentümer das Unternehmen führen kann, desto höher fällt die erfolgsabhängige Vergütung für den Verkäufer aus.
Dennoch bieten klassische Finanzinvestoren mit einem etablierten Track-Record auch Vorteile für Verkäufer. Diese Käufergruppe ist besonders attraktiv, wenn der Verkäufer weiterhin operativ eingebunden sein möchte und sich im Rahmen des anteiligen oder kompletten Unternehmensverkaufs nicht gänzlich zurückziehen will. Durch den häufigen Mangel an Amazon erfahrenen Fachkräften bieten sich oft Möglichkeiten für einen lukrativen Geschäftsführer- oder Beratervertrag mit gleichzeitig deutlich geringerem persönlichem Risiko als zuvor. Ein weiterer Vorteil ist, dass klassische Finanzinvestoren im Gegensatz zu Konsolidatoren meist über einen spezifischen Branchenfokus und dementsprechend auch über deutlich mehr potenzielle Synergien verfügen. Ein Faktor der sich unter anderem positiv im Kaufpreis widerspiegeln kann. Das Branchenspezifische Know-how ermöglicht außerdem völlig neue Wachstumsmöglichkeiten für die Marke.
Bei Strategischen Käufern gibt es zwei Kategorien. Bei der ersten Kategorie handelt es sich um etablierte, mittelständische Unternehmen, die in der gleichen Branche aktiv sind und durch einen Zukauf neue Absatzkanäle etablieren wollen. Corporate Innovation Labs sind unternehmenseigene Innovationszentren, deren Aufgabe es ist, das eigene Unternehmen fit für die Zukunft zu machen. Die Vor- und Nachteile dieser Käufergruppe decken sich weitestgehend mit denen der klassischen Finanzinvestoren. Auch hier kann das eigene Unternehmen aufgrund der gleichen Branche attraktiver sein und höher bewertet werden. Ebenso sind auch hier gut vergütete und risikoarme Positionen in der Management Ebene des Käufers häufig die Folge eines Verkaufs. Auch wenn diese Käufergruppe gerade erst anfängt die möglichen Potentiale zu erkennen und zu nutzen so darf man sie dennoch nicht außer Acht lassen.
Bei der zweiten Kategorie handelt es sich um konkurrierende Amazon Händler die ihre Präsenz auf dem Marktplatz ausbauen oder von Synergieeffekten profitieren wollen. Auch für diese Kategorie gilt, dass ein strategisches Interesse außerhalb der reinen Profitabilität haben. Ein wichtiger Faktor sind die möglichen Synergieeffekte insbesondere in Bezug auf die Geschäftsführung. Wenn der Käufer das Unternehmen nahtlos in sein eigenes Amazon FBA Unternehmen aufnehmen kann spart dieser sich einen kostspieligen Geschäftsführer einzustellen. Durch diese Synergien entsteht eine Ähnliche Situation wie bei den professionellen Amazon Aufkäufern.
Management-Buy-in oder kurz MBI bezeichnet einen Prozess in dem sich ein externes Management in ein Unternehmen einkauft. MBI Kandidaten treten meist als einzelne Privatperson oder in kleinen Teams auf. Für viele Privatpersonen mit dem Wunsch sich selbstständig zu machen ist „Gründung durch Nachfolge“ eine attraktive Möglichkeit, sich diesen Wunsch zu erfüllen. Für den Käufer birgt es viele Vorteile ein bereits etabliertes Unternehmen zu übernehmen und auf das nächste Level zu heben. Häufig haben die MBI Kandidaten in ihrem vorherigen Angestelltenverhältnis bereits relevante Erfahrungen gesammelt und können diese in der Zukunft mit einbringen. Einer der größten Vorteile für Verkäufer kleiner Amazon Shops liegt hier in der Tatsache, dass MBI Kandidaten auch an für Konsolidatoren oder Finanzinvestoren zu kleinen Unternehmen interessiert sind. Insbesondere bei einer kleineren oder jüngeren Private Label Marke ist es entsprechend immer sinnvoll, auch diese potenzielle Käufergruppe mit einzubeziehen.
Jede Käufergruppe hat ihre eigenen Vor- und Nachteile für den Verkäufer eines Private Label Unternehmens. Der reine Fokus auf Amazon Private Label Unternehmen macht die in der letzten Zeit auf den deutschen Markt gekommenen Amazon Aufkäufer nicht zwangsläufig zu der attraktivsten Käufergruppe in diesem Bereich. Vielmehr kommt es auf die individuelle Situation des zu verkaufenden Unternehmens und des Inhabers an, welche der Käufergruppen der richtige Partner für eine Transaktion ist. Neben dem reinen Verkaufserlös gibt es bei der Identifizierung des richtigen Käufers außerdem auch noch weitere Faktoren zu beachten, dazu zählen nicht zuletzt die Zukunftsaussichten für das mit viel Mühe aufgebaute Unternehmen. Es lässt sich jedoch nicht verneinen, dass durch die wachsende Fülle von Konsolidatoren und Aufkäufern eine ganz neue Dynamik in den Markt gekommen ist und sich dadurch viele attraktive Chancen für Gründer und Eigentümer von Private Label Marken bieten.
Voraussetzung für den erfolgreichen Verkauf eines Private Label Unternehmen sind eine gute Vorbereitung, umfassendes Dokumentationsmaterial und ein professioneller Verkaufsprozess, der durch einen M&A-Berater strukturiert wird. Im Rahmen des Verkaufsprozesses ist es wichtig, die Amazon spezifischen Besonderheiten ebenso wie die individuelle Situation des Unternehmens mit einzubeziehen. Wenn man als Verkäufer auf eine professionelle Beratung setzt, steht einem erfolgreichen Verkauf nichts im Wege.