Von Georg Wässa   19. Juli 2017

Haftungen und Garantien im Unternehmenskaufvertrag

  • Wenn sich beim Unternehmensverkauf Verkäufer und Käufer über die Eckpunkte der Transaktion einig sind, geht es zeitnah an das Eingemachte: Den Unternehmenskaufvertrag. Um die Rechtsfolgen des Verkaufs klarzustellen, wird hier unter anderem ein großer Fokus auf die Rechtsfolgen für Käufer und Verkäufer gelegt. Dazu gehören insbesondere die sich aus dem Verkauf ergebenden Garantien und Haftungen der Parteien. Allein die Begriffe mögen für Nicht-Juristen abschreckend wirken, da ihre rechtlichen Bezüge auf mitunter kompliziert formulierten Paragraphen und Gesetzen beruhen. Die folgenden Ausführungen sollen einen groben Überblick über gängige Haftungs- und Garantieregelungen im Unternehmenskaufvertrag liefern.
    In Verhandlungen von Unternehmenskaufverträgen ist die Haftung des Veräußerers einer der wichtigsten Verhandlungspunkte. Die Identifikation gegenwärtiger und zukünftiger Risiken und deren Folgen für die Vertragsparteien ist sowohl für Verkäufer als auch Käufer einer der wichtigsten Aspekte bei der Vertragsgestaltung und ein kritischer Punkt bei der Realisierung eines erfolgreichen Unternehmensverkaufs.

    Unternehmenskäufe werden entweder als Share Deal (Übertragung von Gesellschaftsanteilen) oder als Asset Deal (Übertragung einzelner Vermögensgegenstände und Rechte) durchgeführt. Für solche Transaktionen enthält das BGB keine speziellen Regeln, es gelten die allgemeinen Vorschriften der §§ 433 ff. BGB. Der Share Deal ist ein Rechtskauf im Sinne des § 453 I 1. Alt. BGB, wohingegen der Asset Deal ein Kauf eines sonstigen Gegenstandes im Sinne des § 453 I 2. Alt. BGB ist.

Davon erfasst sind alle handelbaren Wirtschaftsgüter, wie etwa Kunden- und Vertragsbeziehungen, das Know-how des Unternehmens oder auch der Goodwill. Gemeinsam ist den zwei Varianten des Unternehmensverkaufs, dass gem. § 453 I BGB für beide das Sachkaufrecht der §§ 433 ff. BGB und somit das Sachmängelgewährleistungsrecht Anwendung findet. Die Haftung für Sach- und Rechtsmängel des verkauften Unternehmens ist folglich in beiden Fällen gleich. Den Gefahren der Inanspruchnahme und Risikoverteilung ist durch entsprechende Vertragsgestaltung zu begegnen. Dafür sollte man sich zunächst das Gewährleistungsrecht im Kontext des Unternehmenskaufs vergegenwärtigen.


Das tendenziell käuferfreundlich ausgestaltete gesetzliche Gewährleistungsrecht wird dem Bedürfnis nach Interessenausgleich beim Unternehmenskauf indes nicht gerecht. Das zeigt sich exemplarisch am Vorrang der Nacherfüllung. Die Beseitigung eines gesamterheblichen Mangels eines Unternehmens ist nicht oder nur unter unvertretbarem Zeit- und Kostenaufwand möglich, die Nachlieferung eines mangelfreien Unternehmens scheitert an der Einzigartigkeit des Kaufgegenstandes. Als Nacherfüllungsfrist müsste man eine angemessene Zeit von mehreren Monaten setzen. Eine Rückabwicklung ist wegen der teils erheblichen Veränderungen des Unternehmens in der Zwischenzeit ebenfalls schwierig durchführbar und regelmäßig von den Parteien nicht gewollt. In der Praxis unterwirft man daher Unternehmenskäufe hinsichtlich der Verkäuferhaftung einer abschließenden vertraglichen Regelung.

Garantien

  • Für Risiken, die im Rahmen einer vorvertraglichen Unternehmensprüfung (Due Diligence) identifiziert werden, von denen aber unklar ist, ob sie eintreten werden (z.B. vermutete Umweltverschmutzungen), verlangt der Käufer vom Verkäufer oft eine Freistellung. Der Käufer argumentiert meist, dass er seinen Kaufpreis für ein mangelfreies Unternehmen bezahle. Wirtschaftlich müsse der Verkäufer das Risiko der Realisierung tragen und den Käufer insoweit von jeglicher Haftung freistellen. Auch gegen unbekannte (abstrakte) Risiken versucht sich der Käufer durch Garantien des Verkäufers abzusichern. In diesem Fall wird argumentiert, dass eine Unternehmensprüfung nie allumfassend sein könne. Der Verkäufer müsse daher als Gegenleistung garantieren, dass das Unternehmen die festgelegten Eigenschaften habe.

Inhalt der Garantien

Garantien in Unternehmenskaufverträgen werden meist als selbständige verschuldensunabhängige Garantien (§ 311 Abs. 1 BGB) ausgestaltet. Ihr Gegenstand und Umfang richtet sich nach den jeweiligen Eigenheiten des zu kaufenden Unternehmens.

Häufig anzutreffende Garantien betreffen die Existenz und Lastenfreiheit der verkauften Gesellschaftsanteile, Richtigkeit der Jahresabschlüsse, Inhaberschaft und Lastenfreiheit von gewerblichen Schutzrechten, Eigentum, Lastenfreiheit und Gebrauchsfähigkeit des Sachanlagevermögens, Wirksamkeit wesentlicher Verträge, die ausreichende Versicherung des Zielunternehmens, die Freiheit des Unternehmens von Umweltrisiken, Nichtexistenz von Rechts- oder Verwaltungsstreitigkeiten und das Vorliegen öffentlich-rechtlicher Genehmigungen. Einen allgemeingültigen Garantiekatalog gibt es nicht. Es ist vielmehr Aufgabe der Berater und Anwälte der Parteien, die Risiken des jeweiligen Unternehmens zu identifizieren und durch Garantien die Vertragspartner abzusichern.

Oftmals fällt es dem Verkäufer schwer, uneingeschränkte Garantien für bestimmte Unternehmensverhältnisse zu geben. Er argumentiert damit, dass ihm bis zur Vertragsunterzeichnung jedenfalls nichts Gegenteiliges bekannt war. Falls dies für den Käufer akzeptabel ist, wird in manchen Fällen vereinbart, dass bestimmte Garantien „nach bester Kenntnis“ des Verkäufers abgegeben werden. Nach Festlegung der zu garantierenden Eigenschaften ist zu entscheiden, auf welchen Zeitpunkt die Garantien abgegeben werden. In Frage kommen der Abschluss des Kaufvertrages (Signing) und der Moment der dinglichen Übertragung der Vermögenswerte (Closing).

Der Verkäufer wird, wenn er auf die weitere Entwicklung keinen Einfluss hat (Beispiel: Rechtsstreitigkeiten), Garantien nur auf den Zeitpunkt des Signing akzeptieren. Der Käufer wiederum wird darauf bestehen, dass für ihn unabdingbare Umstände (z.B. Eigentum des Verkäufers an den zu verkaufenden Gesellschaftsanteilen und ihre Lastenfreiheit) zum Signing und zum Closing garantiert werden.

Rechtsfolgen der Garantieverletzungen

Naturalrestitution

Die Parteien haben zunächst ein Interesse daran, den geschuldeten Zustand herzustellen (Recht des Käufers auf Naturalrestitution). Das ist sachgerecht, weil der Verkäufer dem Geschäftsbetrieb des Unternehmens unmittelbar nach Closing noch recht nahesteht und er Mängel deswegen häufig leicht abstellen kann. Als Frist für die Naturalrestitution werden meistens zwischen zwei Wochen und vier Monate vereinbart. Gelingt die Herstellung des geschuldeten Zustands nicht, muss der Verkäufer dem Käufer Schadenersatz in Geld leisten.

Schadensersatz in Geld

Aus Sicht des Käufers ist es erstrebenswert, dass der Schadenersatzanspruch umfassend als Haftung auf das positive Interesse ausgestattet ist. Der Verkäufer hingegen möchte möglichst eingeschränkt haften. Die Parteien verhandeln daher regelmäßig darüber, ob zum Beispiel mittelbare Schäden, Mangelfolgeschäden, entgangener Gewinn und interne Verwaltungskosten des Käufers und der Zielgesellschaften ersatzfähig sind.
Danach ist der Käufer selbst dafür verantwortlich, sich über die Umstände und Eigenschaften des Zielunternehmens zu informieren. Das deutsche Gewährleistungsrecht sieht hingegen vor, dass der Verkäufer einen mangelfreien Kaufgegenstand schuldet. In diesem Spannungsfeld müssen die Parteien festlegen, welche Bedeutung die Offenlegung von Unternehmensinformationen im Vorfeld des Vertragsschlusses für die Haftung des Verkäufers hat. Basierend auf dem Gedanken der Schadensminderungspflicht wird der Erwerber außerdem regelmäßig dazu verpflichtet, sich zur Schadensregulierung zunächst an ersatzpflichtige Dritte (z.B. Versicherungen) zu wenden. Teilweise kann es sachgerecht sein, die Haftung des Verkäufers auszuschließen, soweit für bestimmte Risiken in der letzten Bilanz des Zielunternehmens Rückstellungen gebildet wurden. Ob ein solcher Haftungsausschluss gerechtfertigt ist, hängt von der Kaufpreiskalkulation ab.

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Freistellungen

Inhalt von Freistellungen

Bei den Verhandlungen zwischen Verkäufer und Käufer gibt es risikoträchtige Sachverhalte, die eindeutig der einen oder anderen Seite zugeordnet werden können. Soweit diese Risiken eindeutig dem Verkäufer zuzuordnen sind, stellt dieser den Käufer frei.
Zu den genannten Risiken gehört bei fast jedem Unternehmenskauf die Gefahr, dass das Zielunternehmen für Veranlagungszeiträume, in denen der Verkäufer das Unternehmen noch geführt hat, Steuern nachzahlen muss. Diese Nachzahlungspflicht ergibt sich zumeist erst aus Betriebsprüfungen, die nach dem Closing durchgeführt werden. Die Parteien vereinbaren, dass der Verkäufer den Käufer von allen Steuern und steuerlichen Nebenleistungen (§ 3 AO) freistellt, die Veranlagungszeiträume betreffen, die wirtschaftlich dem Verkäufer zuzurechnen sind. Verkauft der Verkäufer sein Unternehmen z.B. mit wirtschaftlicher Wirkung zum 01.01.2018 (0.00 Uhr), dann gehören die zuvor erzielten Gewinne dem Verkäufer, der dementsprechend auch bis zu diesem Zeitpunkt die Ertragssteuern auf diese Gewinne zu entrichten hat. Ab dem 01.01.2018 gehören die Gewinne dem Käufer, der ab diesem Zeitpunkt die Steuerlast zu tragen hat. Diese wirtschaftliche Abgrenzung wird nach Closing durch eine entsprechende Steuerfreistellung des Verkäufers umgesetzt.

Rechtsfolgen von Freistellungsfällen

Im Gegensatz zu Garantien sind Freistellungen keinen Beschränkungen zugänglich. Die Risikoverteilung ist eindeutig: Der Verkäufer hat den Käufer von dem betreffenden Risiko freizustellen. Das heißt, der Verkäufer muss alles tun, damit es erst gar nicht zu einem Schaden kommt. Aufgreifschwellen, Freigrenzen oder Freibeträge sind in diesem Zusammenhang nicht sachgerecht, vorgesehen werden jedoch Haftungshöchstbeträge. Des Weiteren werden auch für Freistellungen – je nach Einzelfall – besondere Verjährungsfristen vereinbart. Bei Steuerfreistellungen betragen diese Verjährungsfristen gewöhnlich drei bis sechs Monate, beginnend mit dem Eintritt der materiellen Bestandskraft des jeweiligen Steuerbescheides.

Absicherung von Garantie- und Freistellungsansprüchen

Der Käufer hat ein besonderes Interesse daran, dass jedenfalls ein Teil des Kaufpreises nach Closing für den Ausgleich von Garantie- und Freistellungsansprüchen zur Verfügung steht. 

Aus diesem Grund kann der Käufer in manchen Fällen einen Teil des Kaufpreises bis zum Ablauf der Regelgewährleistungsfrist (z.B. 12 bis 36 Monate) einbehalten, auf ein gemeinsames Treuhandkonto von Käufer und Verkäufer einzahlen oder vom Verkäufer eine Bankgarantie zur Absicherung etwaiger Käuferansprüche verlangen. Der Ausgestaltung solcher Sicherungsmechanismen sind kaum Grenzen gesetzt und es ist nicht selten die Kreativität der Berater und Anwälte, die zu einer tragfähigen Lösung für beide Parteien führt.

Fazit

Bei Unternehmenskäufen gehört die Haftung des Verkäufers zu den wichtigsten und gleichzeitig streitigsten Punkten der Vertragsverhandlungen. Wirtschaftlich geht es um eine nachträgliche Kaufpreisanpassung. Hier ist ein tiefgreifendes Verständnis der marktüblichen Regelungsmechanismen erforderlich, um für den Mandanten einen möglichst guten Kaufpreis zu erzielen.
Die Einbeziehung eines erfahrenen Experten bei der Vorbereitung, Begleitung und Beratung des Verkaufsprozesses insbesondere bei der Frage nach Garantien- und Haftungsfragen erscheint daher bei anstehenden Unternehmensverkäufen mehr als sinnvoll.

    • Porträt von Georg Wässa
  • Über den Autor

    Georg Wässa

    Georg Wässa hat über zehn Jahre Erfahrung in den Bereichen M&A, Banking und Immobilienwirtschaft. Seine berufliche Laufbahn führte ihn neben der Tätigkeit bei Banken und Fondsgesellschaften unter anderem auch nach Zürich zum Schweizer Marktführer für Unternehmensnachfolge im Mittelstand.

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