Von Georg Wässa 18. August 2017
Die Kaufabsichtserklärung beim Unternehmensverkauf wird heutzutage oftmals auch „Letter of Intent“ (kurz „LOI“) genannt. Im angloamerikanischen haben sich noch weitere Bezeichnungen durchgesetzt, wie zum Beispiel Heads of Agreement, Memorandum of Understanding (kurz „MoU“) oder Term Sheet. Am gebräuchlichsten ist der Begriff LOI. Der LOI ist eine schriftliche Absichtserklärung der Verhandlungsparteien beim Unternehmensverkauf, den zum Verkauf stehenden Betrieb zu bestimmten Bedingungen zu erwerben beziehungsweise zu verkaufen, einen Ablaufplan für die weiteren Verkaufsverhandlungen zu erstellen und den aktuellen Stand der Verhandlungen festzuhalten.
Die Kaufabsichtserklärung fasst die Gespräch- und Verhandlungsergebnisse zusammen. In der Praxis haben sich wesentliche Standardinhalte des LOI durchgesetzt, welche aber auf die vorhandenen Gegebenheiten angepasst werden.
Noch während der laufenden Verhandlungen soll die Ernsthaftigkeit der Gespräche und der Wille zum Abschluss des Vertrages dokumentiert werden. Ein Anspruch auf Abschluss des beabsichtigten Vertrages soll jedoch nicht entstehen und ein Abbruch der Verhandlungen möglich bleiben.
Häufig wird beim Kauf- oder Verkaufsprozess eines Unternehmens zunächst die Frage nach der Notwendigkeit einer Kaufabsichtserklärung gestellt. Schließlich entsteht hierdurch ein zusätzlicher Aufwand. Die Erfahrungen zeigen jedoch, dass ein Letter of Intent sowohl für den Verkäufer als auch für den Käufer viel wert ist.
Zwar ist der LOI „nur“ eine Absichtserklärung, die im Hinblick auf den eigentlichen Vertragsabschluss rechtlich unverbindlich ist, aber zugleich wird der ernsthafte Wille und die wesentlichen Eckpunkte der Verhandlungen schriftlich festgehalten. Dies sorgt dafür, dass beide Parteien wissen woran sie sind und hilft konstruktiv zu verhandeln.
Ein wichtiger Bestandteil eines LOI ist die einvernehmliche Dokumentation des Verhandlungsstandes inklusive der Kaufpreisvorstellung. Bei diesem Punkt kommt es gelegentlich zu Missverständnissen, was schon als vereinbart wahrgenommen wurde oder „nur mal angesprochen wurde“. Deshalb ist es wichtig, das geplante Vorhaben zu beschreiben und dessen Bestandteile genau zu definieren.
Ebenso wichtig ist es, Meilensteine und damit verbunden einen realistischen Zeitplan für die Verhandlungen festzulegen. Ein gemeinsam vereinbarter Zeitplan hilft das Tempo zu halten oder sogar zu beschleunigen.
Die Zusicherung einer Exklusivitätsphase für den Käufer gibt ihm Sicherheit, dass nicht ein anderer Kaufinteressent ihm mit dem Unternehmenskauf zuvorkommt und sorgt dafür, dass er sich auf die nächsten Schritte konzentrieren kann ohne sich zwingend nach Alternativen oder anderen Angeboten auf dem Markt umsehen zu müssen. Im Verlauf der Verhandlungen kommt es zur Offenlegung höchstvertraulicher Unternehmensdaten. Deshalb wird die Vereinbarung absoluter Geheimhaltung, die bereits durch die Vertraulichkeitserklärung festgelegt wurde, durch den LOI nochmal präzisiert.
In der Praxis findet man bei den meisten Kaufabsichtserklärungen die gleichen wesentlichen Inhalte, ergänzt um relevante und wichtige Zusatzpunkte, welche die Verhandlungsparteien für die jeweilige Transaktion als entscheidend ansehen.
Die nachfolgenden Inhalte einer Kaufabsichtserklärung sind als Beispiele und nicht als abschließende Aufzählung zu verstehen. Jede Transaktion erfordert eine – auf die jeweilige Transaktion zugeschnittene – Kaufabsichtserklärung.
Die Kaufabsichtserklärung fasst den Stand der Verhandlungen zusammen und legt die grundsätzliche Bereitschaft einer Zusammenarbeit fest. Unter „Gegenstand der Kaufabsichtserklärung“ sollte daher das geplante Vorhaben erläutert und die bisherigen Gesprächsergebnisse konkretisiert werden. Hierzu gehören auch Fragen hinsichtlich der Unternehmensbewertung und des Kaufpreises. Ebenfalls sollte die Unverbindlichkeit der Absichtserklärung festgehalten werden.
Beispiel:
„Die Parteien können die Verhandlungen jederzeit ohne Angabe ihrer Gründe abbrechen. Eine Pflicht zum Abschluss einer endgültigen Vereinbarung, insbesondere eines Kaufvertrags über die Geschäftsanteile oder die Übertragung relevanter Wirtschaftsgüter, besteht nicht.“
Die Parteien können einen konkreten aber unverbindlichen Zeitplan für den weiteren Ablauf bis zum beabsichtigten Vertragsschluss festlegen oder sich für eine allgemeine Klausel entscheiden.
Beispiel:
„Die Parteien beabsichtigen, die Vertragsverhandlungen auf Grundlage der bisherigen Ergebnisse zeitnah abzuschließen und entsprechende Verträge zu schließen. Beabsichtigtes Ziel ist der Vertragsabschluss vor dem 31.12.2017 mit Vollzug und Stichtag zum 1.1.2018. Mit Unterzeichnung dieser Kaufabsichtserklärung unterstreichen die Parteien den Willen, zügig an dem Abschluss der Transaktion weiterzuarbeiten.“
Besonders der Käufer hat ein Interesse daran, dass während der Verhandlungsphase keine Verhandlungen mit anderen Kaufinteressenten geführt werden. Durch die Vereinbarung der Exklusivität wird dem Käufer also im Prinzip ein Vorkaufsrecht eingeräumt.
Beispiel:
„Ab dem Zeitpunkt der Unterzeichnung dieses LOI gilt eine Exklusivität für die Dauer von drei Monaten. Die Verkäufer verpflichten sich daher während des vorgenannten Zeitraums keinerlei Gespräche oder Verhandlungen über die Veräußerung der Gesellschaft oder der Geschäftsanteile an der Gesellschaft oder eine Beteiligung an ihr mit Dritten zu führen. Soweit die Verkäufer solche Gespräche oder Verhandlungen zurzeit führen, werden Sie diese unverzüglich beenden. Die Parteien werden sich gegebenenfalls über eine Verlängerung der Exklusivität verständigen, wenn dies für den Abschluss der Due Diligence und der Vertragsverhandlungen erforderlich werden sollte.“
Da im Rahmen von Verhandlungen vertrauliche Daten ausgetauscht werden, um dem Käufer vor Abschluss der Transaktion einen genauen Einblick in das Unternehmen geben zu können, sollte eine weitreichende Vertraulichkeit vereinbart werden.
Beispiel:
„Beide Vertragsparteien verpflichten sich wechselseitig, über alle ihr bezüglich des Unternehmens des jeweils anderen Vertragspartners im Zuge der Verhandlungen über den Abschluss eines Unternehmenskaufvertrages bekannt gewordenen Umstände auch über den 31.12.2016 absolutes Stillschweigen zu bewahren.“
Sowohl für Verkäufer als auch für Käufer ist es wichtig, dass möglichst frühzeitig über die Finanzierung gesprochen wird und entsprechende Partner (z. B. Hausbank) miteinbezogen werden. Die Kaufabsichtserklräung sollte beinhalten, welche Eigenmittel eingebracht werden und welcher Anteil an Fremdkapital eingesetzt werden muss. Es empfiehlt sich diesbezüglich frühzeitig über die Umsetzbarkeit zu sprechen.
Der LOI sollte zur Klarstellung ebenfalls bestimmen, welche Kostenverteilung für die weiteren Verhandlungen angestrebt wird. Meist bezahlen die Parteien ihre jeweiligen Berater, Rechtsanwälte und Steuerberater selbst.
Beispiel:
„Jede Partei trägt ihre Kosten für die Erstellung dieses LOI selbst sowie die im Verlauf der Transaktion auf der jeweiligen Seite anfallenden Kosten.“
Weitere individuelle und konkrete Regelungen sind möglich. In den Schlussbestimmungen sollten das Schriftformerfordernis sowie eine Salvatorische Klausel enthalten sein.
Unser Minimalziel ist, für Sie das Maximum herauszuholen.
Wir begleiten Sie beim Verkauf Ihres Unternehmens von der Vorbereitung bis zur Vertragsunterzeichnung persönlich. Mit unserem strukturierten Verkaufsprozess sorgen wir für das bestmögliche Ergebnis.
Kaufabsichtserklärungen sind Vereinbarungen zwischen Interessent und Käufer und unterliegen keinerlei rechtlicher Vorgaben oder zwingender Bestandteile. Dementsprechend können die Parteien über den Inhalt frei von gesetzlichen Vorgaben verhandeln und diesen nach Bedarf anpassen. Häufig verzichten die Parteien dabei auf verbindliche Zusagen und die Verpflichtung auf einen zwingenden und verbindlichen Abschluss der Transaktion. Somit ist der LOI genau das, was die Übersetzung „Kaufabsichtserklärung“ auch ausdrückt: Die Erklärung von Absichten. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Ein LOI soll gerade deshalb keine Verpflichtung zum Abschluss eines späteren Vertrages begründen.
Jedoch ist dies nicht allein durch die Bezeichnung als „Letter of Intent“ oder „Absichtserklärung“ gewährleistet. Bei der Abfassung eines LOI muss hinreichend zum Ausdruck kommen, dass es sich um eine unverbindliche Absichtserklärung handelt, um ungewollte Verpflichtungen zu vermeiden. Wenn der Inhalt des LOI neben den wesentlichen vertraglichen Regelungen auch einen entsprechenden Rechtsbindungswillen widerspiegelt, handelt es sich möglicherweise bereits um einen verbindlichen Vorvertrag oder den Hauptvertrag selbst. Dies gilt es dringend zu vermeiden.
Vertragsverhandlungen für Unternehmenstransaktionen können intensiv geführt werden. In der Praxis hat es sich etabliert, dass die Parteien in einer frühen Phase eine schriftliche Zusammenfassung der Einigungen und Regelungen für die Transaktion festhalten und beidseitig unterschreiben. Mit diesem Schritt können beide Parteien unter Umständen erheblich Geld, Zeit und Frust sparen. Deshalb sollte die Absichtserklärung als vertrauensbildende Maßnahme und Chance genutzt werden, um die gesamte Transaktion – so weit wie in dieser Phase möglich – sehr klar und umfassend auszuformulieren.
Ganz gleich, ob die Verhandlungen mit dem LOI richtig Fahrt aufnehmen oder gegebenenfalls Scheitern: Der LOI schafft in jedem Fall Klarheit. Auch wenn ein LOI keine Verpflichtung zum Abschluss eines Vertrages auslöst, ist er sinnvoll, um den Verhandlungsstand und die weiteren geplanten Schritte zu fixieren. Besonders wichtig können im Einzelfall eine Exklusivitätsvereinbarung, Geheimhaltungspflichten und eine Kostenregelung zum Ausgleich getätigter Vorleistungen sein. Stets ist jedoch darauf zu achten, den LOI hinreichend von einem bereits verbindlichen Vertrag oder Vorvertrag abzugrenzen.
Die aktive Nutzung eines LOI im Prozess der Unternehmensnachfolge trennt die Spreu vom Weizen, zum Vorteil von Käufer und Verkäufer. Die Einbeziehung eines erfahrenen Experten bei der Vorbereitung, Begleitung und Beratung des Verkaufsprozesses insbesondere bei der Begleitung entscheidender Schritte wie der Erstellung einer Kaufabsichtserklärung erscheint daher bei anstehenden Unternehmensverkäufen mehr als sinnvoll.