Von Christof Sagasser 06. August 2020
Aufgrund der anhaltenden Unsicherheit bezüglich zukünftiger wirtschaftlicher Entwicklungen bedingt durch die Corona-Krise, unterliegen auch die Due Diligence und die Kaufvertragsgestaltung bei M&A-Prozessen diversen Anpassungen. Potenzielle Käufer analysieren vermehrt nun Übernahmeziele in Hinblick auf die Einflüsse und Folgen von Corona und versuchen sich bei der Vertragsgestaltung gegen negative Folgen der Pandemie abzusichern.
Das Ziel einer jeden Due Diligence ist es, die Schwächen und Stärken eines Unternehmens zu analysieren sowie potenzielle Risiken zu identifizieren. Angesichts neuer wirtschaftlicher und rechtlicher Gegebenheiten, welche im Rahmen der Corona-Pandemie Einzug erhalten haben, sind auch bei der Due Diligence neue Gesichtspunkte in den Fokus gerückt.
Zu den Kernpunkten einer Due Diligence gehören üblicherweise folgende Felder:
Doch wie wirkt sich Covid-19 auf die unterschiedlichen Prüffelder der Due Diligence aus? Und welche Fragen stellen sich potenzielle Käufer, um die Folgen der Pandemie für das betrachtete Unternehmen abzuschätzen? Dies soll im Folgenden näher erläutert werden.
Die Commercial Due Diligence widmet sich der Prüfung des Unternehmens aus Markt-, Kunden- und Wettbewerbssicht. Hierbei nehmen die Unternehmensstrategie und das Marktumfeld einen besonders hohen Stellenwert ein. Im Vordergrund steht die Frage ob und in welcher Form Covid-19 den Geschäftsablauf beeinträchtigt. Fragen, die potenzielle Käufer stellen und auf die man eine Antwort parat haben sollte, können die folgenden sein:
Bei der Prüfung der Finanzen des betrachteten Unternehmens gibt es ebenfalls einige Fragestellungen, die in der momentanen Situation zu beachten sind. Insbesondere auf die staatlichen Hilfen und temporären Gesetzesänderungen muss geachtet werden. In diesem Kontext spielen folgende Überlegungen eine Rolle:
Aufgrund der vielen (temporären) rechtlichen Änderungen im Zuge der Krise spielt die Legal Due Diligence eine besonders zentrale Rolle. Relevant ist nicht nur die bereits erwähnte Überprüfung von Verträgen unter Covid-19 Gesichtspunkten, sondern auch arbeits- und wettbewerbsrechtliche Fragestellungen. Am meisten Bedeutung kommt hierbei den Verträgen mit Lieferanten und Kunden zu, wenn die Verträge Bestimmungen zu „Force Majeure“, „Change in Law“ oder garantierte Liefertermine enthalten. Bei einer „Force Majeure-Klause“ beispielsweise könnte das Unternehmen für die Dauer der Pandemie von seinen vertraglichen Verpflichtungen befreit sein. Ebenso interessant sind bezüglich der neuen Gesetze und Vorschriften rechtliche Fragestellungen wie die folgenden:
Viele Unternehmen mussten in sehr kurzer Zeit eine digitale Homeoffice Infrastruktur einrichten, um ihre Geschäftsprozesse aufrechtzuerhalten und ihre Mitarbeiter zu schützen. Dies macht die IT Due-Diligence relevanter denn je, auch für Unternehmen außerhalb der Technologiebranche, und bringt folgende Überlegungen mit sich:
Nicht nur auf den letzten Metern gehen wir für Sie die Extrameile.
Wir beraten strategische Käufer und Finanzinvestoren bei Buy-side Projekten. Als Experten für mittelständische Unternehmenstransaktionen kennen die Besonderheiten dieses speziellen Marktsegments sehr genau.
Um den veränderten Anforderungen und Risiken Rechnung zu tragen, gibt es unterschiedliche Möglichkeiten, um Risiken vorzubeugen. Im Folgenden werden zwei dieser Möglichkeiten zur Risikominimierung genauer beleuchtet.
„MAC“ steht für „Material Adverse Change“ und bezeichnet eine Klausel, welche dem Käufer ein Rücktrittsrecht zuspricht, sollten die Kennzahlen des Zielunternehmens in dem Zeitraum zwischen Signing und Closing schwerwiegend beeinträchtigt werden. Vor Beginn der Pandemie waren MAC-Klauseln trotz ihrer Popularität im Anglo-Amerikanischen Raum, eher die Ausnahme als die Norm in deutschen Verträgen. Laut der CMS European M&A Study 2019 wurde in lediglich 16% der betrachteten Kaufverträge in Europa eine MAC-Klausel aufgenommen.
Ausgelöst werden können MAC-Klauseln durch unterschiedliche Ereignisse abhängig von der individuellen Ausarbeitung des Kaufvertrages. Unterscheiden lassen sich dabei jedoch drei Hauptkategorien:
Eine weitere Sonderform der MAC-Klausel ist die „MAE-Klausel“, diese sichert den Käufer neben dem Zeitraum zwischen Signing und Closing ebenfalls gegen Ereignisse, die bereits vor dem Signing eingetreten sind, ab. Damit ist die MAE-Klausel beispielsweise ideal geeignet, um sich gegen potenzielle negative Auswirkungen von Geschehnissen zu Beginn der Covid-19 Pandemie abzusichern.
Natürlich ist es von Vorteil möglichst viele Garantien und Zusicherungen mit in den Kaufvertrag aufzunehmen und somit Unsicherheiten und Risiken abzubauen. Doch was passiert, wenn die Haftung für einen bestimmten Vertragsbestandteil übernommen werden muss? Hierfür sind W&I Versicherungen eine Option, mit der sich sowohl Käufer als auch Verkäufer absichern können.
„W&I“ steht für „Warranty and Indemnity“, was so viel heißt wie „Garantie und Entschädigung“. Eine W&I Versicherung wird in dem Moment relevant, in dem eine oder mehrere der Garantien oder Zusicherungen in einem Unternehmenskaufvertrag unrichtig sind.
Es gibt verschiedene triftige Gründe für den Abschluss einer W&I Versicherung, wobei die Risikominimierung für den Käufer oder Verkäufer der häufigste Grund ist. Weitere Gründe liegen in der Beseitigung von Transaktionshindernissen oder dem Vermeiden der Bereitstellung von Sicherheiten für potenzielle Garantieansprüche.
Bereiche in denen W&I Versicherungen häufig greifen sind beispielsweise Bußgelder, Baumängel oder Unterfinanzierung von Pensionsverbindlichkeiten. Ebenso ist das Absichern von Garantien bezüglich der aufgeführten Covid-19 Folgen Teil des Anwendungsbereichs. Dennoch dürfen W&I Versicherungen nicht als Ersatz für eine ausführliche Due Diligence angesehen werden.
Momentan kommen W&I Versicherungen größtenteils bei Transaktionen mit über 100 Mio. EUR Transaktionsvolumen zum Einsatz (CMS European M&A Study).
Die durch Covid-19 und entsprechende Gegenmaßnahmen verschobenen Prioritäten bei der Due Diligence rücken unterschiedliche Gesichtspunkte und Risikofaktoren in den Vordergrund, die auch nach Ende der Krise nicht so schnell in Vergessenheit geraten dürften. Es ist damit zu rechnen, dass risikominimierende Maßnahmen, von denen alle beteiligten Parteien profitieren können (wie beispielsweise MAC und MAE-Klauseln), an Bedeutung gewinnen. Es ist damit zu rechnen, dass diese Maßnahmen in Zukunft deutlich häufiger in Kaufverträgen anzutreffen sind.
Quellen: Fieldfisher, CMS, Buzer