20. August 2020
Die Unternehmenslandschaft in Deutschland wird weitgehend von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) geprägt. Somit gehören Unternehmenskäufe und -verkäufe von KMU, welche 99,5 % aller Unternehmen in Deutschland ausmachen, zum Standardfall von Unternehmenstransaktionen. Die Unternehmensbewertung dient dabei oft als zentrale Entscheidungsgrundlage für das Vorhaben. In der Bewertungstheorie und -praxis steht die Wertermittlung von börsennotierten Unternehmen im Fokus, wobei die bewertungsrelevanten Besonderheiten von KMU weniger Beachtung finden. Im Folgenden werden daher diese Bewertungsfaktoren näher beschrieben und erklärt.
Durch die besondere Stellung des Unternehmers bei KMU, welcher meist zugleich Eigentümer und Geschäftsführer ist, geht die Thematik der damit verbundenen Ertragskraft einher. Neben den speziellen beruflichen Qualifikationen verfügen Inhaber häufig zusätzlich über eine ausgeprägte Vertriebsstärke, sind Know-how Träger und zusätzlich in vielen Fällen selbst Hauptleistungserbringer (z.B. Handwerker, Steuerberater, Anwälte, Ärzte etc.). Beim Ausscheiden einer solchen Schlüsselperson ist daher zu ermitteln, ob der Nachfolger das Leistungsportfolio aufrechterhalten oder gegebenenfalls durch neue Lösungen kompensieren kann. In diesem Zusammenhang wird von vollständiger, partieller oder temporär übertragbarer Ertragskraft gesprochen, welche in der integrierten Planungsrechnung für die anschließende Bewertung berücksichtigt werden muss.
Das Stuttgarter Verfahren sieht gemäß der Erbschaftssteuerrichtlinie R 99 ErbStR einen Abschlag von bis zu 30 % des Betriebsergebnisses vor, wenn das Unternehmen praktisch vollständig von der persönlichen Tätigkeit des geschäftsführenden Gesellschafters abhängig ist. Analog dazu werden in der internationalen Bewertungspraxis „Key Person Discounts“ angesetzt, welche jedoch meist pauschaler Natur sind und sich in einer Bandbreite von 10 % bis 35 % bewegen. Im Falle einer zu starken Abhängigkeit des Unternehmens von der ausscheidenden Schlüsselperson, ist der Liquidationswert anzusetzen.
Empirische Untersuchungen aus den USA implizieren, dass kleine börsennotierte Unternehmen (gemessen an der Marktkapitalisierung) im Durchschnitt höhere Aktienrenditen aufweisen als große börsennotierte Firmen beziehungsweise der Gesamtmarkt. Damit einher geht die Erhöhung des Kapitalisierungszinssatzes um die sogenannte „Size“ oder „Small-Cap-Prämie“, womit sich der Wert des Unternehmens reduziert. Untersuchungen des deutschen Kapitalmarkts haben bisher keine statistische Signifikanz für höhere Renditen bei kleinen börsennotierten Unternehmen nachweisen können.
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Die Anteile von nicht börsennotierten Gesellschaften sind in der Regel schwieriger zu veräußern als von börsennotierten Unternehmen. In der Literatur wird in diesem Zusammenhang oft der Begriff der „Fungibilität“ verwendet, als die Fähigkeit, das Eigentumsrecht an einem Unternehmen (auch Anteile) schnell, sicher und ohne hohe Kosten veräußern zu können. Geschäftsanteile von KMU lassen sich für gewöhnlich erst nach einer zeit- und kostenintensiven Käufersuche inklusive Verhandlungen veräußern, wobei höhere Transaktionskosten beispielsweise durch notarielle Beurkundungen und die Eintragung ins Handelsregister entstehen. Als Ausgleich dieser geringen Marktgängigkeit beziehungsweise Illiquidität kann der Käufer eine Kompensation einfordern.
Die Anwendung des Zuschlags für eine mangelnde Fungibilität ist in der Literatur und Praxis stark umstritten. Empirische Resultate liefern Studien aus den USA, welche dort auch in der Rechtsprechung akzeptiert werden. In Deutschland herrscht hingegen Uneinigkeit darüber, ob ein Zuschlag Anwendung finden soll und falls ja in welcher Höhe und nach welcher Methode die Korrektur stattfindet.
Im Sinne der Portfolio-Theorie weisen KMU häufig eine geringe Diversifikation hinsichtlich ihres Produkt- und Dienstleistungsangebotes als auch der Finanzierungsstruktur auf. Der Eigentümer trägt deshalb auch ein erhebliches unsystematisches Risiko, welches grundsätzlich diversifizierbar wäre. Die Anpassung dieses Risikos erfolgt nach dem „CAPM“ („Capital Asset Pricing Model”) über den „Betafaktor“, welcher das Risikomaß eines Unternehmens im Vergleich zum Gesamtmarkt darstellt. Zugleich ist die Fokussierung der KMU auf Produktangebote und Dienstleistungen innerhalb von Nischenmärkten nicht selten ein Wettbewerbsvorteil und zählt somit auch zu den Erfolgsfaktoren.
Das Institut der Wirtschaftsprüfer (IDW) empfiehlt für die Ermittlung des Betafaktors von KMU eine Vergleichsgruppe („Peer-Group“) börsennotierter Unternehmen, wobei darauf zu achten ist, dass das Geschäftsmodell und die Risikostruktur weitestgehend mit dem Bewertungsobjekt übereinstimmen. In der Praxis führt das regelmäßig zu einem nicht marktgerechten Unternehmenswert, da durch den niedrigen Kapitalisierungszinssatz der Wert meist zu hoch ausfällt. Dies sollte bei der Bewertung von KMU stets berücksichtigt werden.
Die große Anzahl der anstehenden Unternehmensnachfolgen bei KMU lässt auf eine steigende Relevanz für sachgerechte Unternehmensbewertungen schließen. Die Wertermittlung nach dem „Standard-CAPM“, wie es bei börsennotierten Unternehmen üblich ist, führt bei kleinen und mittleren Firmen meist zu keinen marktgerechten Ergebnissen. Durch eine Anpassung der beschriebenen Bewertungsparameter lassen sich praxisnahe Unternehmenswerte unter Berücksichtigung der Besonderheiten ableiten. Dabei ist darauf zu achten, dass die Wertkorrekturen auf Grundlage einer individuellen Analyse und der gebotenen Sorgfalt angewendet werden.
Das Team von COVENDIT hat bereits zahlreiche Unternehmensbewertungen von KMU durchgeführt. Wünschen auch Sie Unterstützung bei der Bewertung Ihres Unternehmens? Wir helfen Ihnen gerne weiter – nehmen Sie einfach Kontakt mit uns auf.