Von Georg Wässa   19. April 2017

Zulässigkeit und Grenzen des Wettbewerbsverbots im Unternehmenskaufvertrag

Steht ein Unternehmensverkauf unmittelbar bevor, so hat der Erwerber des betreffenden Unternehmens regelmäßig großes Interesse daran, dass der Veräußerer im Geschäftsfeld des verkauften Unternehmens nach der Übertragung für eine gewisse Zeit nicht mehr tätig wird. Die Gründe hierfür können vielseitig sein, doch insbesondere soll der Verkäufer oftmals so lange von dem betreffenden Markt ferngehalten werden, wie der Käufer zur Sicherung der Marktposition des erworbenen Unternehmens braucht.

Aus Sicht des Käufers sind die Gründe für ein Wettbewerbsverbot des Verkäufers also in der Regel praktischer Natur und aus Eigeninteresse begründet. Doch hinter dem Wettbewerbsverbot im Unternehmenskaufvertrag verbirgt sich neben wirtschaftlichen Interessen des Käufers auch eine große Masse an juristischen Problem- und Themenfeldern. Auf diese soll im Folgenden näher eingegangen werden.

Zulässigkeit von Wettbewerbsverboten

Einschlägige Vorschriften des europäischen Kartellrechts untersagen ganz generell Vereinbarungen zwischen miteinander im Wettbewerb stehenden Unternehmen, die eine Einschränkung des Wettbewerbs bewirken. Wird im Rahmen eines Unternehmenskaufvertrages daher ein Wettbewerbsverbot für den Verkäufer vereinbart, scheidet dieser folglich gewisse Zeit als Wettbewerber im Markt aus. Eine solche Vereinbarung beschränkt also möglicherweise den Wettbewerb und kann daher gegen deutsches und in besonderen (seltenen) Fällen auch gegen europäisches Kartellrecht verstoßen.

Ziel und Zweck eines Unternehmenskaufvertrages ist die Übertragung eines Unternehmens, insbesondere seiner Stellung am Markt. Dieser Zweck kann in der Regel bei unbeschränkten Wettbewerbshandlungen des Verkäufers nach der Veräußerung nicht erreicht werden, weil dem Käufer bei sofortiger Konkurrenz des Verkäufers keine Möglichkeit bleibt, die erworbene Marktposition zu halten. Es kann daher auch ohne entsprechende ausdrückliche Regelung im Einzelfall bereits eine ungeschriebene vertragliche Nebenpflicht zur Unterlassung zukünftigen Wettbewerbs aus Treu und Glauben (§ 242 BGB) bestehen.

Folglich wird ein vertraglich vereinbartes Wettbewerbsverbot in Unternehmenskaufverträgen nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht als kartellrechtswidrig angesehen, wenn es lediglich eine Nebenabrede darstellt und zur Sicherung des Hauptvertragszwecks sachlich geboten ist. Es muss für die Wettbewerbsbeschränkung ein anzuerkennendes Interesse bestehen. Allerdings gilt diese Ausnahme nur, wenn das Wettbewerbsverbot auf das sachlich, räumlich und zeitlich Unerlässliche beschränkt wird (OLG Hamm, 24.08.2000, Az. 27 U 159/99). Ausufernde Vereinbarungen, die über die Sicherung des Zwecks des Unternehmenskaufvertrages hinausgehen und dem Verkäufer ohne Einschränkung jedwede Tätigkeit untersagen, sind aus kartellrechtlicher Sicht auch als Nebenabreden unwirksam (BGH, 14.07.1997 – II ZR 238/96).

Das Wettbewerbsverbot ist deshalb in sachlicher Hinsicht auf den betreffenden Produktionsbereich zu beschränken. In räumlicher Hinsicht ist zu beachten, dass bei Unternehmen mit lokaler oder regionaler Tätigkeit das Wettbewerbsverbot auch örtlich auf dieses Gebiet zu begrenzen ist. In zeitlicher Hinsicht ist vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu empfehlen, das Wettbewerbsverbot auf einen Zeitraum von zwei Jahren zu beschränken (BGH, 28.04.1986 – II ZR 254/85).

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Der unzulässige Abkauf von Wettbewerb

Bei der Abgrenzung eines zulässigen Wettbewerbsverbots als Nebenabrede eines Unternehmenskaufvertrages von einem kartellrechtswidrigen Abkauf von Wettbewerb, ist es entscheidend, ob tatsächlichen ein Vertragszweck vorliegt, der eine solche Nebenabrede erfordert oder ob nicht die Wettbewerbsabrede an sich, also das Wettbewerbsverbot des Verkäufers, das verbotene Ziel der Vereinbarung ist. Letzteres wird insbesondere dann angenommen, wenn der Unternehmenskauf nur der Deckmantel für den wettbewerbsschädlichen Eingriff in den Markt ist. So ist beispielsweise eine Vereinbarung kartellrechtswidrig, bei der der Verkäufer sein Unternehmen veräußert, sich einem umfassenden Wettbewerbsverbot unterwirft und der im Vertrag angeführte Zweck der Übertragung des Unternehmens die umgehende Stilllegung durch den Käufer ist (1. Vergabekammer des Bundes VK 1 – 106/15).

Hier dient das Wettbewerbsverbot gerade nicht dazu, dem Käufer den vollen Nutzen des erworbenen Unternehmens zu sichern, sondern ist vor allem darauf gerichtet, Wettbewerb zu beseitigen. Ist dies der erkennbare Zweck des Unternehmenskaufvertrages, verstößt das Wettbewerbsverbot gegen § 1 GWB.

Ein Unternehmen kann durch den Verkauf von Geschäftsanteilen (sog. Share Deal) sowie durch die Übertragung einzelner Wirtschaftsgüter des Unternehmens (sog. Asset Deal) ganz oder teilweise veräußert werden. Sofern die Geschäftsanteile als Ganzes verkauft werden, handelt es sich in der Regel automatisch um einen Unternehmenskaufvertrag. Insbesondere wenn jedoch im Rahmen eines Asset Deals nur ein Teil der Wirtschaftsgüter übertragen wird, kann die Abgrenzung problematisch werden. Je mehr materielle und immaterielle Güter der Verkäufer auf den Käufer überträgt, desto eher liegt ein Unternehmenskauf vor. Wird beispielsweise ein ganzer Produktionsbereich („Betrieb“) als Teil eines Unternehmens mit all den ihn betreffenden materiellen und immateriellen Gütern übertragen, so kann ein zeitlich und räumlich angemessenes Wettbewerbsverbot für den Verkäufer in Bezug auf diesen Produktionsbereich wirksam vereinbart werden (BGH, 26.03.1984 – II ZR 229/83).

Nach der Rechtsprechung ist allerdings nicht einmal erforderlich, dass ein vollständiger Produktionsbereich übertragen wird. Bereits die bloße Übertragung eines Kundenstammes kann aus kartellrechtlicher Sicht mit einem Unternehmenskauf gleichgestellt sein. Gerade bei Veräußerung dieses – in manchen Fällen wirtschaftlich bedeutendsten – Teil des Unternehmens, ist es für die Erfüllung des Hauptzwecks des Vertrages oft unerlässlich, dass der Verkäufer nach Abschluss des Geschäfts nicht in geschäftliche Beziehungen zu seinen ehemaligen Kunden tritt und so dem Käufer faktisch das verkaufte Wirtschaftsgut wieder entzieht.

Die Veräußerung allein von Assets ohne zusätzliche Übertragung des Kundenstamms ist hingegen nicht ausreichend. Ein Käufer, der lediglich eine Maschine oder ähnliches (zum Beispiel einen Kopierer oder ein Kraftfahrzeug) erwirbt, ist unabhängig von einer Konkurrenztätigkeit des Verkäufers in der Lage den Wert des gekauften Gegenstands zu nutzen. Der Verkäufer kann somit auch nach dem Verkauf nicht für den Erfolg des Käufers „gefährlich“ werden. Bei dieser Konstellation kann dem Verkäufer daher kein wirksames Wettbewerbsverbot auferlegt werden.

Zusammenfassung

Ein Wettbewerbsverbot kann mithin immer dann wirksam vereinbart werden, wenn das dem Unternehmenskaufvertrag zugrundeliegende Austauschverhältnis dies erforderlich macht. Hierfür ist es nicht notwendig, dass das Unternehmen in seiner Gesamtheit im Wege eines Share Deals übertragen wird. Auch bei der Übertragung einzelner Wirtschaftsgüter ist ein Wettbewerbsverbot möglich. Es kommt dann aber darauf an, ob der Erwerber den zu Grunde gelegten Wert des Wirtschaftsgutes nur nutzen kann, wenn der Verkäufer die Konkurrenztätigkeit unterlässt. Zur Wirksamkeit ist in allen Fällen eine sorgfältige Regelung unter Beachtung der sachlichen, räumlichen und zeitlichen Grenzen des Wettbewerbsverbots erforderlich.

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  • Über den Autor

    Georg Wässa

    Georg Wässa hat über zehn Jahre Erfahrung in den Bereichen M&A, Banking und Immobilienwirtschaft. Seine berufliche Laufbahn führte ihn neben der Tätigkeit bei Banken und Fondsgesellschaften unter anderem auch nach Zürich zum Schweizer Marktführer für Unternehmensnachfolge im Mittelstand.

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